Ein Experte spricht Klartext

Paare, aufgepasst: Was vielen Beziehungen zum Verhängnis wird

Paar schaut nachdenklich und mit Abstand aus dem Fenster
© Getty Images / Westend61
Wieder mal zu wenig Zeit füreinander, weil dein Schatz schon wieder Besuch erwartet? Es gibt zwei Faktoren, die unser Experte für essentiell für eine funktionierende Beziehung hält.

Eine Beziehung über Jahre zu führen, ist viel schwieriger, als es sich zunächst anhört. Zwei Faktoren führen dabei besonders häufig zum Scheitern, wie unser Experte weiß.

Kennst du die fünf Liebessprachen? Laut dem US-amerikanischen Beziehungsberater Dr. Gary Chapman sprechen alle Menschen mindestens eine davon und zeigen so ihrem oder ihrer Liebsten ihre Gefühle und Zuneigung. Grob aufgedröselt sind das:

  • Lob und Anerkennung
  • Hilfsbereitschaft
  • Geschenke
  • Zweisamkeit
  • Zärtlichkeit

Und was glaubst du wohl, welche die wichtigsten sind? Unter anderem eine Umfrage der Dating-App Parship unter rund 1.000 Bundesbürger*innen hat vor einiger Zeit gezeigt, dass physischer Kontakt die am meisten "gesprochene" Love Language unter Paaren in Deutschland ist.

Eric Hegmann wundert das nicht: Der Paartherapeut in Hamburg mit eigener Praxis und Co-Gründer der Modern Love School, einer eLearning-Plattform mit Onlinekursen rund um die Liebe, hat genau damit häufig in seinem beruflichen Alltag zu tun. Denn bei Paaren geht es oft darum, dass diese Sprachen der Liebe zu kurz kommen. Im Interview mit BILD der FRAU erklärt er, warum sie aber unbedingt notwendig für eine Partnerschaft sind – und wie sie (neu) erlernt werden können.

Warum Beziehungen vor allem ohne diese beiden Faktoren zum Scheitern verurteilt sind

Lieber Herr Hegmann, welches sind diese beiden Faktoren, die für eine Beziehung unerlässlich sind?

Paar-Therapeut Eric Hegmann | © Robert Hilton
Foto: Robert Hilton
Eric Hegmann, Paarberater und Parship-Coach aus Hamburg

Eric Hegmann: Sehr viele Paare, die zu mir kommen, benennen Kommunikationsschwierigkeiten als Grund für ihre Unzufriedenheit. Die Anlässe hierfür sind dann oft sehr verschieden und reichen von Kinderwunsch über Außenbeziehung bis zu fehlender Sexualität.

Beim Blick auf die Ursachen erkennen wir meist eine unsicher gewordene Verbindung zwischen den Partner*innen, deren Ursachen vielfältig sein können. Fast immer zeigt sich: Die Gelegenheiten für Verbindung sind zu selten – oder sie werden nicht genutzt.

Zeit zu zweit ist wichtig! Paare, die auf Paarzeit verzichten, tun sich mittel- und langfristig keinen Gefallen. Ohne Zeit zu zweit und Intimität scheitern die meisten Beziehungen.

Was macht diese Zeit zu zweit mit Paaren?

Beziehungen leben von Verbindungen im Alltag: Kleine wie "schau mal, was ich hier gefunden habe bei Youtube" gelten dabei ebenso wie die großen durch gemeinsame neue Erfahrungen, Urlaubsreisen oder Date Nights. Partner*innen, die sich sicher verbunden fühlen, werden viel seltener erleben, dass ihnen ein Konflikt eskaliert, weil sie mit einem Vertrauensvorschuss kommunizieren und sich gute Absichten unterstellen. Paare in der Krise sind misstrauisch, rechnen mit erneuten Verletzungen und distanzieren sich ganz automatisch, um solche Verletzungen zu vermeiden.

Paare sollten gemeinsame Aktivitäten/Urlaube/Auszeiten vom Alltag beziehungsweise Date-Zeiten einplanen. Spontaneität ist ebenfalls großartig für Zeit zu zweit oder Intimität, aber meist im Alltag nicht machbar.

Für Paare gibt es eine Notwendigkeit, sich auch als Liebende zu begegnen

Dann müssen Paare also regelrecht mit dem Termin-Planer arbeiten, um wirklich Zeit füreinander zu haben?

Ja. Viele Paare stellen fest, dass sie sich für Unternehmungen und auch für Intimität verabreden müssen, denn sonst ist kein*e Babysitter*in da oder der Beruf engt die Gelegenheiten stark ein. Der Bedarf scheint mir unterschätzt. In der Praxis sammle ich mit Paaren oft zunächst einmal alle notwendigen Termine der Partner*innen – und bereits da stellen viele fest: "Mist, der Tag hat nicht genug Stunden!" Dann heißt es: priorisieren. Aber das ist nicht ausreichend. Danach muss dann gestrichen werden zugunsten der gemeinsamen Zeit. Paare mit Kindern unterschätzen manchmal die Notwendigkeit, sich auch als Liebende zu begegnen und nicht nur als Eltern, die funktionieren müssen.

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Und dann müssen die Aktivitäten auch geplant werden. Gerne schlage ich meinen Paaren folgende Übung vor: Bewährtes & Neues. Jede*r Partner*in hat beispielsweise einmal im Monat den Auftrag, eine neue Aktivität zu organisieren, die beide bisher nicht gemeinsam ausprobiert haben. Dadurch entstehen neue Erinnerungen und neue Verbindungen. Einmal im Monat muss er oder sie aber auch eine bewährte Aktivität vorbereiten – etwas, das Geborgenheit, Sicherheit und Vertrauen schafft. Die Partner*innen wechseln einander ab. Und damit niemand zu etwas gezwungen wird, was er oder sie nicht machen möchte, verhandeln die beiden eine gewissen Anzahl von Gutscheinen, mit denen sie ein Veto einlegen können. Diese Wahlmöglichkeit macht die Übung entspannt und nicht zu einem Zwang.

Und in welchem Abstand sollten die Aktivitäten bzw. die Date Nights erfolgen?

Jede Woche eine gemeinsame Aktivität und eine Date Night im Monat halte ich für eine gute Zahl – aber das ist so individuell, dass ich damit kein Paar nerven möchte.

Viele überschätzen ihre Fähigkeiten, neben Job und Familie auch noch eine glückliche und lustvolle Beziehung zu führen

Was sollen die Partner*innen dabei im besten Fall lernen?

Nachdem ich über Jahre hinweg mit meinen Paaren in der Praxis unterschiedlichste Date Nights zu unterschiedlichen Beziehungs-Themen als Hausaufgabe mitgegeben habe, habe ich nun in meiner Modern Love School einen Online Beziehungs-Workshop entwickelt, der aus 12 personalisierten Date Nights besteht. Die Themen reichen von Ähnlichkeiten und Unterschieden über Aufgabenteilung und Streitkultur bis Intimität und Zukunftspläne.

Es geht also darum, sich bewusst zu machen, wie wichtig und essentiell Zeit zu zweit und gemeinsame Erfahrungen sind. Wer 24 Stunden nur arbeitet oder nur Elternteil ist, überschätzt seine Fähigkeiten, nebenher auch noch eine glückliche und lustvolle Beziehung zu führen. Viele Paare erleben in der Paartherapie, dass sie ihre Verpflichtungen, Aktivitäten und Interessen anders priorisieren müssen. Und dass die Partnerin oder der Partner besser ganz weit oben steht, wenn nicht Entfremdung, Distanz und Kommunikationsprobleme die Folge sein sollen.

➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann finden Sie hier, und hier geht's zur Modern Love School. Dort finden Sie noch mehr passende Online-Kurse zum hier besprochenen Thema.

Beziehung ist Arbeit: Wer glücklich mit dem oder der Partner*in durchs Leben gehen will, darf sich nicht einfach zurücklehnen und nichts dafür tun. Wir haben noch viele weitere Artikel zu dem Thema für dich: 

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