Hormon-Beraterin im Interview

Wechseljahre: "Es ist erschreckend, was Frauen bereit sind durchzustehen"

Frau hält sich Hand ans Gesicht und wirkt niedergeschlagen
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Die Wechseljahre sind für Frauen eine einschneidende Zeit. Bis zu 60 verschiedene Symptome können den Alltag und das Wohlbefinden stark einschränken. Warum sich betroffene Frauen damit nicht abfinden sollten, erklärt Hormon-Beraterin Ann-Kathrin Pause im Gespräch mit BILD der FRAU.

BILD der FRAU: Liebe Frau Pause, was sind die häufigsten Beschwerden während der Wechseljahre?

Ann-Kathrin Pause: Schlafschwierigkeiten, mangelnde Belastbarkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit werden schon früh erlebt. Aber auch Gelenkschmerzen, Herzrasen, trockene Haut und Schleimhäute, Konzentrationsstörungen, Migräne und Gewichtszunahme in der Körpermitte gehören dazu. Insgesamt gibt es mehr als 60 Wechseljahrssymptome.

Wann und wie beginnen die Wechseljahre?

Die erste Phase, die Perimenopause, beginnt Anfang bis Mitte 40. Da kommen die Symptome wie in Wellen. Weil sie immer wieder weggehen, schieben viele Betroffene sie zuerst auf Stress: Gelenkbeschwerden nach dem Sport zum Beispiel oder Schlafstörungen und starke Stimmungsschwankungen.

Die Lebensmitte ist eine Phase des Umdenkens, in der Frauen beginnen müssen, sich um sich zu kümmern. Vielleicht auch mal weniger zu machen, Enspannungstechniken zu lernen, die 10.000 Schritte am Tag zu schaffen, die Versorgung mit Micronährstoffen zu optimieren.

Sie beraten Frauen in den Wechseljahren. Was fällt Ihnen bei Ihren Kundinnen auf?

Zu viele Verpflichtungen, permanente familiäre, berufliche und Freizeit-Stressoren. Stehen wir den ganzen Tag unter Strom, haben wir zu viel Cortisol im Körper, was die Hormonbalance in unserem Körper zusätzlich stört. Dann kann man nachts natürlich nicht schlafen. Es ist erschreckend, was Frauen bereit sind durchzustehen.

Ziel kann es ja nicht sein, es irgendwie ohne Hormone zu schaffen und erst mit einer Hormonersatztherapie anzufangen, wenn wir am Boden liegen. Ziel sollte es sein, mündig mit der eigenen Gesundheit umzugehen.

Man spricht bei der Hormonersatztherapie von einem „goldenen Zeitfenster der Hormonbehandlung“. Was ist damit gemeint?

Das ist der Zeitrahmen, in dem sowohl aktuelle Beschwerden wie Hitzewallungen gelindert werden und die Frauen gleichzeitig den maximalen Zusatznutzen der Therapie haben also z.B. den Knochenschutz, den bioidentische Hormone bewirken.

Bei gesunden Frauen ist dies von der Perimenopause bis spätestens zehn Jahre nach der letzten Periode. Danach kommt ein Beginn der Hormonersatztherapie eher nicht mehr infrage. Bei Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck wird das Zeitfenster kleiner, reicht nur bis 5–6 Jahre nach der Menopause.

Was ist denn zu den positiven Nebeneffekten der Hormonersatztherapie bekannt?

Gute Erkenntnisse gibt es für die Osteoporose-Prophylaxe und Herz-Kreislauf-Schutz. Und es gibt erste Anzeichen, dass sogar das Alzheimer-Risiko verringert werden könnte. Aber es ist noch viel mehr Forschung nötig in diesem Bereich.

Wenn ich die Hormonersatztherapie beende, kommen die Symptome dann zurück?

Das ist individuell verschieden. Manchmal ja, manchmal nein. In jedem Fall hat man im Therapiezeitraum keinen Hormonmangel im Körper, und z.B. die Gefäße werden durch Östrogen elastisch gehalten. Das zahlt sich auch dann noch aus, wenn man die Hormone wieder abgesetzt hat.

Zur Person: Ann-Katrin Pause berät als Apothekerin und Hormon-Coach Frauen rund um die Menopause. Mehr zu ihrer Arbeit findest du hier auf ihrer Website.

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