Hoovering: Wenn dein*e Ex plötzlich wieder um dich kämpft

Beim Hoovering versuchen Ex-Partner*innen die Verflossenen erneut "aufzusaugen", oft durch übertriebene Liebesbekundungen und Versprechungen. Eric Hegmann erklärt die Warnzeichen und Schutzstrategien.
In unserer modernen Gesellschaft, die von Freiheit geprägt ist, leiden viele Menschen unter Bindungs- und Verlustängsten. Dies führt zu komplexen Verhaltensweisen in Beziehungen, wie etwa Hoovering, was gerade zu Beginn schwer zu erkennen sind.
Paarberater Eric Hegmann kennt sich mit der Thematik bestens aus. Für BILD der FRAU hat der Experte die wichtigsten Warnzeichen während der Dating- und Beziehungsphasen in der heutigen Gesellschaft zusammengestellt. In einer Serie erklärt er sie und sagt, wer so etwas macht, wer betroffen ist – und wie man sich schützen kann.

Warnzeichen beim Kennenlernen – Teil 5: Hoovering
Der Begriff "Hoovering" kommt aus aus dem Englischen und bedeutet Staubsaugen. Und genau darum geht es auch: Nach einer Trennung werden Ex-Partner*innen durch – dem Love Bombing sehr ähnlichen – Werbungsverhalten förmlich "aufgesogen". So wie ein Staubsauger jedes winzige Körnchen findet und aufnimmt, lassen Ex-Partner*innen keine noch so kleine Gelegenheit aus, um den oder die Verflossene erneut für sich zu gewinnen, einzunehmen, komplett zu absorbieren.
Eingesetzt werden alle Mittel: Versprechungen, sich geändert zu haben, weitreichende Zukunftspläne, Liebeserklärungen und vermeintliche Besserungsbeweise. Letztlich werden Betroffene einem ganzen Werkzeugkasten von Manipulationen ausgesetzt. Meist ist der Auslöser, dass sich die zurückgelassene Person gerade von der Trennung erholt hat und sich neu und selbstbewusst zeigt.
Tipp: Mach dir bewusst, dass du im Begriff bist, alle schmerzhaften Phasen erneut zu erleben. Kläre für dich deine Dealbreaker und entschuldige nicht neue Verletzungen durch deine*n Partner*in.
Hoovering: Wen kann es treffen?

Alle, die der Partnerin / dem Partner und der früheren Beziehung eine weitere Chance geben wollen. Häufig geschieht dies jedoch nicht freiwillig, sondern als Folge einer emotionalen Abhängigkeit. Dann ist der betroffenen Person eigentlich klar, dass die Partnerin bzw. der Partner sich nicht verändert hat und die alten Trennungsgründe auch die neuen Trennungsgründe sein werden – und lässt sich dennoch wieder durch Versprechungen überzeugen. So entstehen häufig schmerzhafte On-Off-Beziehungen.
Hoovering: Wer macht so was?
Hoovering wird vor allem Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung oder stark ausgeprägten narzisstischen Anteilen zugeordnet. Sie greifen letztlich auf die Werkzeuge zurück, mit denen sie beim Love Bombing erfolgreich waren.
Hoovering: Wie kann man sich schützen?
Mache dir bewusst, dass es für grundlegende Veränderungen eines Menschen Zeit benötigt. Muster zu erkennen und Muster zu durchbrechen sind zwei Schritte. Einsicht allein sorgt nicht für neue Verhaltensweisen. Doch ohne die gibt es keinen Grund, weshalb die Beziehung nicht wieder genauso verlaufen wird wie zuvor. Du liegst vermutlich richtig, wenn du befürchtest, dich in einer emotionalen Abhängigkeit befunden zu haben – suche dir Unterstützung.
Weitere Dating-Phänomene, über die in den vergangenen Jahren berichtet wurde:
- Ghosting: Der Partner taucht ab und verschwindet wie ein Geist. In der Zeit von schnellen Kontakten durch Dating-Apps nimmt diese schnelle Verabschiedung zu. Dies verletzt jedoch den Selbstwert der Verlassenen viel stärker als ein respektvoller Abschied.
Wenn jemand sich ohne Vorwarnung aus dem Kontakt verabschiedet, reißt das oft mehr mit sich als nur ein fehlendes "tschüss". Denn Ghosting hinterlässt nicht nur Leere, sondern auch ein riesiges Fragezeichen: Was ist passiert? Warum? War es meine Schuld? Diese Unsicherheit nagt – vor allem, wenn zuvor alles gut lief. Und das macht Ghosting so belastend: Es gibt keinen Abschluss. Statt Klarheit bleibt nur Grübelei. Besonders tückisch ist es, wenn sich die Person irgendwann plötzlich wieder meldet – als wäre nichts gewesen.
Ghosting bedeutet letztlich auch: Verantwortung wird komplett verweigert. Statt ehrlich zu sagen, dass das Interesse nicht reicht, wird die andere Person einfach ignoriert – feige, aber bequem. Für die Betroffenen kann das weitreichende Folgen haben: Vertrauensverlust, Selbstzweifel und die Angst, beim nächsten Mal wieder so verletzt zu werden. Umso wichtiger ist es, zu erkennen: Wer dich wortlos fallen lässt, ist nie der oder die Richtige gewesen.
- Benching: Jemanden "auf die lange Bank schieben" – bedeutet, dass der Kontakt hingehalten wird, während man sich weiterhin umsieht, ob nicht ein besserer Kandidat irgendwo zu finden ist. Wer das erlebt hat, entwickelt zunehmend Schwierigkeiten zu vertrauen.
Man schreibt, flirtet, macht vielleicht sogar Pläne – aber irgendwie bleibt alles in der Schwebe. Beim Benching geht es nicht darum, echtes Interesse zu zeigen, sondern jemanden warmzuhalten – für den Fall, dass nichts Besseres kommt. Die Mischung aus Nähe und Distanz sorgt für ständige Unsicherheit: Mal ist da Aufmerksamkeit, dann wieder Funkstille. Wer auf der Bank sitzt, fragt sich permanent, was los ist – und verliert dabei oft den Blick dafür, dass echte Zuneigung ganz anders aussieht: klar, verbindlich und zugewandt.
Was Benching so perfide macht: Die Hoffnung stirbt nie ganz. Ein "wie geht’s?" reicht, um das emotionale Karussell wieder anzuschmeißen. Man klammert sich an jedes Lebenszeichen – obwohl es kein echtes Engagement gibt. Besonders gemein: Manche Menschen benchen nicht nur eine Person, sondern gleich mehrere gleichzeitig. So fühlt man sich ständig wie in der Warteschleife – während das eigene Herz längst hofft. Wer so handelt, denkt selten an die Gefühle der anderen. Aber genau die verdienen Schutz.
- Stashing: Den Partner zu verstecken, also weder Freunden noch Familie vorzustellen, ist eine Schutzstrategie, um eigene Entscheidungen nicht begründen zu müssen beziehungsweise eigene Entscheidungen erst gar nicht treffen zu müssen. Aber in der Liebe will man Priorität sein und nicht nur eine Option.
Ein paar schöne Momente zu zweit, aber niemand weiß davon – kein Insta-Post, keine Freund*innen, keine Spuren im echten Leben. Das ist Stashing. Die Verbindung fühlt sich echt an, solange sie im Privaten bleibt – aber sobald es darum geht, gesehen zu werden, wird’s plötzlich kompliziert. Die Folge: Man beginnt zu zweifeln. An der Beziehung. An sich selbst. Dabei ist das Problem ein anderes: Wer dich wirklich in seinem Leben haben will, versteckt dich nicht. Punkt.
Was hinter dem Verhalten steckt, ist ganz unterschiedlich: Manche haben Bindungsangst oder sind schlichtweg nicht bereit für etwas Ernstes. Andere führen vielleicht noch eine andere Beziehung oder wollen sich alle Türen offenhalten. Klar ist: Wer stasht, will die Vorteile einer Beziehung – Nähe, Zuwendung, Aufmerksamkeit – ohne die Verantwortung, dazu zu stehen. Wenn du merkst, dass du "versteckt" wirst, lohnt sich ein ehrliches Gespräch. Und im Zweifel: der klare Cut. Du verdienst Sichtbarkeit – und zwar nicht nur im Verborgenen.
- Breadcrumbing: Immer nur einen Krümel Brot hinwerfen, um sich das Interesse zu sichern. Häufig bleibt der Kontakt nur virtuell. Eine Vermeidungsstrategie, um bei einem echten Date nicht enttäuscht oder verletzt zu werden.
Wer sich beim Online-Dating in charmante Chats, süße Emojis und schmeichelnde Komplimente verliebt, landet manchmal in einer ganz anderen Realität: dem Breadcrumbing. Klingt niedlich, ist aber eine ziemlich gemeine Masche. Der Begriff kommt aus dem Englischen – „breadcrumbs“ heißt übersetzt „Brotkrumen“. Und genau das beschreibt auch, wie sich Breadcrumbing anfühlt: Man bekommt immer mal wieder kleine Häppchen an Aufmerksamkeit hingeworfen – nie genug, um sich wirklich gesehen oder verbunden zu fühlen, aber gerade so viel, dass man dranbleibt und weiter hofft.
Typisch für Breadcrumbing ist der unklare, nicht greifbare Kontaktverlauf: Man schreibt ein bisschen, bekommt ab und zu ein Flirt-Emoji oder ein „Hey, wie geht’s dir?“, vielleicht sogar ein paar Komplimente. Es reicht aus, um das Kribbeln am Leben zu halten – aber echte Nähe, ein persönliches Treffen oder verbindliche Aussagen bleiben aus. Wer breadcrumbt, spielt mit Nähe und Distanz – wie bei einem Jojo, das immer wieder zurückgezogen wird, bevor es zu weit geht. Das Gemeine daran: Wer sich ernsthaft interessiert, wird emotional hingehalten und steckt oft viel mehr in den Kontakt hinein, als letztlich zurückkommt.
Aber warum machen Menschen das überhaupt? Oft steckt dahinter kein durchdachter Plan, sondern Unsicherheit oder ein geringes Selbstwertgefühl. Viele breadcrumbende Personen sind gar nicht auf der Suche nach einer echten Beziehung – sie sehnen sich vielmehr nach Aufmerksamkeit, Bestätigung oder einer Art Ego-Boost. Dabei wird übersehen (oder bewusst in Kauf genommen), dass sie die andere Person emotional aufreiben. Denn wer ernsthafte Absichten hat, der oder die klammert sich natürlich an jedes Zeichen von Interesse – in der Hoffnung, dass daraus mehr wird.
Ein weiteres Merkmal: Die Kommunikation wirkt oft unverbindlich und bleibt vage. Auf Nachfragen oder konkrete Vorschläge für ein Treffen wird ausweichend oder gar nicht reagiert. Manchmal zieht sich die Person plötzlich zurück – nur um später völlig unvermittelt wieder aufzutauchen und neue Hoffnungen zu schüren. Das passiert oft dann, wenn man selbst gerade dabei ist, sich emotional zu distanzieren – und das Gegenüber den Kontrollverlust spürt.
Wie erkennt man Breadcrumbing – und wie schützt man sich?
- Wenn es nie zu einem Treffen kommt, obwohl ihr schon lange schreibt.
- Wenn auf klare Fragen oder Bitten um Verbindlichkeit nur ausweichend oder gar nicht geantwortet wird.
- Wenn der Kontakt immer wieder abbricht und sich danach plötzlich wieder wie von selbst aufbaut.
- Wenn man sich ständig fragt, was man falsch gemacht hat oder warum „nicht mehr kommt“.
- Wenn man nach jedem Austausch mehr Verwirrung als Vorfreude empfindet.
Dann lohnt es sich, innezuhalten und zu reflektieren: Fühle ich mich wohl in dieser Kommunikation – oder laufe ich jemandem hinterher, der eigentlich gar nicht richtig da ist?
Klar ist: Breadcrumbing ist emotionaler Stress pur – und am Ende bleibt oft nur das Gefühl, hingehalten worden zu sein. Deshalb: Hör auf dein Bauchgefühl. Wer echtes Interesse hat, zeigt es nicht nur durch Emojis und nette Worte, sondern durch Verbindlichkeit, Zeit und echtes Kennenlernen. Alles andere ist leider meist nur heiße Luft – und ziemlich weit entfernt von echter Zuneigung.
➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann findest du hier.
Hier geht's zu weiteren Teilen der Serie:
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 1: Love Bombing
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 2: Fast Forwarding
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 3: Gaslighting
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 4: Flying Monkeys
- Warnzeichen in Beziehungsphasen – Teil 6: Firedooring