Wenn der Partner oder die Partnerin Pornos schaut

Pornografie in Beziehungen: Laut Sexologin Herausforderung und Chance zugleich

Das Bild zeigt ein Paar, das entspannt und vertraut miteinander auf einem Bett sitzt. Sie lächeln sich an und scheinen einen glücklichen Moment zu teilen. Sie tragen beide legerer Unterwäsche. Auf dem Bett steht ein Laptop, was darauf hindeuten könnte, dass sie gerade gemeinsam einen Porno angesehen haben. Das Zimmer wirkt hell und einladend mit einem großen Kunstwerk an der Wand.
© Adobe Stock/ LIGHTFIELD STUDIOS
Pornos in der Partnerschaft schauen? BILD der FRAU hat mit der Sexologin Sasha Naydenova darüber gesprochen.

Wenn man den Partner oder die Partnerin beim Schauen von Pornos "erwischt", fühlen sich viele gekränkt. Aber ist das wirklich Grund zur Sorge oder kann Pornografie die Partnerschaft vielleicht sogar bereichern? Darüber hat BILD der FRAU mit einer Sexologin gesprochen.

Obwohl Pornografie mittlerweile ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft ist, bleibt es auch heutzutage noch ein tabuisiertes Thema, über das nur selten offen gesprochen wird. Man sollte sich davor allerdings nicht verschließen, sondern einen positiven Umgang mit erotischen Darstellungen lernen.

Das kann auch sehr wichtig für eine gesunde Partnerschaft sein. Viele Menschen reagieren beispielsweise mit Wut, Ekel oder Scham, wenn sie ihren Partner oder ihre Partnerin beim Konsumieren von Pornos "erwischen". Aber ist das wirklich Grund zur Sorge oder kann Pornografie womöglich sogar vorteilhaft für die Beziehung sein?

Sexologin im Gespräch: Pornografie in Beziehungen hat Konfliktpotenzial

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat BILD der Frau mit Sasha Naydenova gesprochen. Im Interview erzählt die Sexologin mit eigener Praxis in Berlin, wie man das Thema Porno-Konsum in der Partnerschaft ansprechen sollte. Zudem gibt die Expertin Tipps, wie ein gesunder Umgang mit Pornografie an sich und Porno-Konsum des/der Liebsten aussehen kann.

Sasha Naydenova, ist eine lächelnde Frau mittleren Alters mit schulterlangem, dunklem, welligem Haar. Sie steht vor einem grünen Hintergrund. Sie trägt ein schwarzes Top mit einem drapierten Ausschnitt und darüber eine offene, olivgrüne Jacke. Um den Hals hat sie eine dezente Kette, und ihr freundliches Lächeln drückt Offenheit und Wärme aus. | © René Löffler
Foto: René Löffler
Sasha Naydenova ist ausgebildete Sexologin und bietet in ihrer Praxis in Berlin Sexualtherapie an.

Pornografie in der Beziehung: Vorwürfe und herablassende Äußerungen sind fehl am Platz

BILD der FRAU: Liebe Frau Naydenova, was kann man tun, wenn man unzufrieden damit ist, dass der Partner/die Partnerin Pornos schaut?

Sasha Naydenova: In der Regel reagieren tatsächlich eher Frauen mit Enttäuschung und Wut darauf. Diese Empfindungen beruhen zum großen Teil auf der Annahme, dass sie als Partnerinnen dem an Pornografie interessierten Menschen nicht genügen würden. Manche Frauen gehen wiederum sofort von einem pathologischen Zustand des Partners/der Partnerin aus, ohne das Gespräch zu suchen. Männer hingegen sind oft angetan, wenn ihre Partnerinnen Videos und Bilder anschauen.

Wie bei vielen anderen Herausforderungen innerhalb der Partnerschaft ist es hier an erster Stelle wichtig, offen und ruhig zu reden. Vorwürfe sind hier ein sehr unpassender Begleiter. Am besten wäre es, die anfängliche Verärgerung abklingen zu lassen, zu warten, bis sich die negativen Gefühle gelegt haben.

Wenn die Partnerschaft intakt ist, wird es nicht schwer sein, danach in Ruhe, mit Güte und sogar mit Neugier nachzufragen. Der Partner wird sich gesehen fühlen und sich für die Fragen öffnen: Was empfindet er beim Porno-Schauen? Wie oft schaut er? Wie lange schon (schon immer)? Was genau erregt ihn? Sogar: Kann ich mitschauen?

Verbote und Vorwürfe wären hier vollkommen fehl am Platz. So auch herablassende Hinnahme. Natürlich ist es völlig legitim, sogar wünschenswert, die eigene Enttäuschung mitzuteilen, dem Partner/der Partnerin zu sagen, dass man sich mit der Tatsache überfordert fühlt.

Ein gutes, konstruktives, offenes Gespräch wird dazu führen, dass die Partner*innen ein gegenseitiges Verständnis füreinander aufbringen können, man wird sich dadurch viel näher kommen und einen Kompromiss finden.

Wie kann man damit umgehen bzw. was kann man dagegen tun, wenn man selbst Pornos schaut und der/die Partner*in dies nicht möchte?

Uns sollte Folgendes bewusst sein: Die Selbstbefriedigung ist eine natürliche, intime Begegnung mit sich selbst und Privatsache. Im Idealfall sollte jeder Mensch einen gesonderten Freiraum für die Autoerotik haben, auch in einer festen Beziehung.

Selbstbefriedigung – auch mit Pornografie – ist Privatsache

Wonach sich der Mensch innerhalb der Autosexualität sehnt, was er zur eigenen Erregungssteigerung benutzt (für manche gehört die Pornografie eben dazu), ist eine private Angelegenheit. Ob man diesen Akt mit dem Partner/der Partnerin teilt oder nicht, ist eine individuelle, eigene Entscheidung oder, bedingt durch die Eigenschaften der Partnerschaft, eine Entscheidung zu zweit.

Man sollte nicht erwarten, dass der Mensch keine Selbstbefriedigung braucht oder möchte, weil und solange er sich in einer Partnerschaft befindet. Denn das entspricht nicht der menschlichen Sexualnatur und auch nicht der sexuellen Rechte jedes Menschen.

Natürlich gibt es Menschen, die selten masturbieren, und auch solche, die es gar nicht brauchen oder es nur schambehaftet tun. Es gibt auch bestimmte religiöse Ansichten oder gewisse moralisch oder anders begründete Argumente gegen die Masturbation. Für solche Menschen ist die Beziehungssexualität die einzige in ihrem Leben – und das ist völlig in Ordnung. Solange der Mensch das nicht als ein Problem empfindet und dies auch den Partner/die Partnerin nicht stört, ist alles in Ordnung.

Hat man aber das Verlangen, sich selbst sexuell zu befriedigen, auch in einer Partnerschaft, sollte es ein Recht jedes Menschen sein, es auf seine eigene Art zu tun, mit oder ohne Hilfe von Sexspielzeugen oder pornografischen Bildern.

Sasha Naydenova: "Wer zu oft mit Porno masturbiert, läuft Gefahr, zunehmend die Fähigkeit zu verlieren, die Erregung selbst aufrechtzuerhalten"

Ist es eher als gut oder als schlecht anzusehen, wenn Menschen bei der Selbstbefriedigung Pornos schauen?

Die Pornografie ist Teil unseres modernen Lebens und unserer medienbestimmten Gesellschaft. Der Umgang mit der Pornografie sollte umsichtig sein, denn es besteht tatsächlich die Gefahr, eine Sucht zu entwickeln. Pornografie bringt auch andere Gefahren mit sich, es gibt eine sehr negative Aura um sie.

Die Pornografie ganz zu verteufeln, wäre jedoch nicht richtig, denn sie kann einiges. Das Thema ist sehr breit und vielfältig. Wenn es darum geht, sexuelle Szenen zur Erregungssteigerung zu nutzen, gibt es daran nichts auszusetzen. In diesem Fall dient die Pornografie als ein Ersatz für die sexuellen Fantasien, und das ist einerseits auch gut so.

So wie in der Fantasie kann man bei der Video-Suche einen Filter setzen und genau darauf fokussieren, was die Erregung garantiert steigert. Doch andererseits Vorsicht: Wer zu oft mit Porno masturbiert, läuft Gefahr, zunehmend die Fähigkeit zu verlieren, die Erregung selbst aufrechtzuerhalten und zum Höhepunkt zu kommen. Die goldene Regel hier lautet: dreimal ohne, einmal mit.

Kann Pornografie vielleicht sogar förderlich für das Sexualleben als Paar sein?

Durchaus. In Beziehungen, in denen die Partner*innen offen mit den eigenen und mit den sexuellen Vorstellungen des Gegenübers umgehen können, wird es allein schon dadurch spannend, wenn die Vorlieben bei der Porno-Wahl verglichen werden.

Das gemeinsame Schauen von Videos oder Bildern ist natürlich eine weitere schöne Bereicherung der Intimität zwischen Partner*innen. Das Nachstellen von Szenen kann ebenfalls interessant sein, aber sollte mit großer Vorsicht und nur bei umfangreichem Hintergrundwissen und Erfahrung praktiziert werden.

Du möchtest mehr über das Thema Pornografie und Beziehungen lernen? Im ersten Teil unseres Interviews mit Sasha Naydenova erzählt die Sexologin, welchen Stellenwert Pornografie in unserer Gesellschaft hat und woher die innere Abneigung kommt, über dieses Thema zu sprechen.

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