Wie pflegende Angehörige sich ihr eigenes Wohlbefinden bewahren
Wer ein älteres Familienmitglied pflegt, braucht mentale und körperliche Kraft, um mit der Belastung umgehen zu können. Wie pflegende Angehörige diese am besten tanken, verrät dir BILD der FRAU. Denn Selbstfürsorge und die häusliche Pflege eines älteren Menschen in Einklang zu bringen, ist nicht immer einfach.
Viele Menschen kümmern sich um einen alleinlebenden Eltern- oder Großelternteil. Dabei stehen sie schnell vor der Herausforderung, der Pflege von Oma oder Opa, Mama oder Papa mit voller Fürsorge gerecht werden zu wollen, dabei aber das eigene Leben nicht zu vernachlässigen.
Oftmals ist das ein Balance-Akt, der pflegende Angehörige an ihre Grenzen bringen kann. Nach einer gewissen Zeit reichen die eigenen Kräfte womöglich nicht mehr aus, um beides unter einen Hut zu bringen. Schnell rutscht das Engagement bei der Pflege in den Vordergrund. Die Gedanken kreisen nur noch um die Bedürfnisse der/des Senior*in, man macht sich Sorgen um sein/ihr Wohlergeben und bringt viel Zeit auf, um sich zu kümmern.
Wenn dann die eigenen Hobbys auf Eis liegen, Freund*innen aus Zeitmangel abgesagt wird und so gut wie gar kein Ausgleich mehr vorhanden ist, kann das Pflegen älterer Angehöriger zu einer Belastung werden.
Damit es erst gar nicht zu dieser Überlastung kommt, ist es wichtig, sich bei all der Hingabe für die Pflege auch um sich selbst zu kümmern. Denn nur wenn pflegende Angehörige sich zwischendurch Pausen gönnen und Kraft tanken, haben sie genügend Energie, sich liebevoll um ihre älteren Familienangehörigen zu kümmern. Daher geben wir dir Tipps an die Hand, wie du dein eigenes Wohlergehen beachtest, wenn du für andere da bist.
Hilfreiche Tipps für pflegende Angehörige: So achtest du auch auf dich selbst
Zeit für sich selbst nehmen: In regelmäßigen Abständen solltest du dir Zeit für dich einplanen. Es sollte mindestens ein Nachmittag in der Woche sein, an dem du der/dem zu umsorgenden Angehörigen nicht im Haushalt oder bei den Einkäufen hilfst sowie bei ihr/ihm vorbeischaust, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Stattdessen kümmerst du dich in diesen Stunden nur um dich.
Doch du verbringst sie nicht damit, deinen eigenen Haushalt auf Vordermann zu bringen oder deine Kinder zu bespaßen, sondern tust ausschließlich etwas, das dir guttut. Das kann ein schöner Waldspaziergang mit dem Hund, ein Besuch in der Eisdiele oder ein Lesenachmittag auf der Couch sein. Hin und wieder kannst du dir ruhig etwas Größeres wie einen Wellness-Tag mit der/dem besten Freund*in oder einen Restaurant-Besuch gönnen.
Sorgen darüber, dass dein Pflegeschützling womöglich gerade im Haus stürzen könnte, oder Schuldgefühle, weil du dir einen persönlichen Freiraum geschaffen hast und dich gerade mal nicht aufopferst, solltest du versuchen, in deiner Auszeit abzulegen, um die Zeit zu genießen und einen gesunden Ausgleich zu bekommen.
Unterstützung holen: Um dir diese Auszeiten nehmen zu können und auch sonst nicht 24/7 für deinen pflegebedürftigen Angehörigen da sein zu müssen – was niemand leisten kann –, benötigst du Personen, die dir helfen. Spanne andere Familienmitglieder in die anfallenden Aufgaben mit ein, bitte Freund*innen und Bekannte der zu pflegenden Person, dass sie hin und wieder dort nach dem Rechten sehen oder anrufen. Auch die Nachbar*innen ihres zu pflegenden Familienmitglieds können eine Hilfe sein.
Wer kein großes soziales Netz hat, engagiert einen professionellen Pflegedienst. Es gibt auch die Möglichkeit, ihre*n Angehörigen mit einem Hausnotrufknopf auszustatten. Wird Hilfe benötigt, braucht der/die Betroffene nur einen Knopf zu drücken, und es werden Kontaktpersonen benachrichtigt, die bei der/dem Anbieter*in des Hausnotrufes hinterlegt worden sind. Diese können dann zur Hilfe eilen. Im Notfall wird sogar der Rettungsdienst alarmiert.
Ganz gleich, für welche Art der Rückendeckung du dich entscheidest: Es ist kein Zeichen von Schwäche, Hilfe anzunehmen. Ganz im Gegenteil, es zeigt Selbstreflexion und Größe.
Auf die eigene Gesundheit achten: Um dich um einen älteren Menschen zu kümmern und gleichzeitig das eigene Leben auf die Reihe zu bekommen, brauchst du physische Kraft. Denn dieser Spagat bedeutet Stress – und mit Stress kann ein gesunder Körper besser umgehen. Das bedeutet für dich, auf gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf zu achten. Auch die Bewegung an der frischen Luft sollte nicht zu kurz kommen. Regelmäßige Arztbesuche, um den eigenen körperlichen Zustand überprüfen zu lassen, solltest du trotz deiner vielen Pflegearbeit regelmäßig wahrnehmen.
Reden hilft: Was pflegende Angehörige für ihre psychische Gesundheit tun können
Emotionaler Rückhalt: Genauso wie du physisch fit sein musst für die Pflege, muss es dir auch psychisch gut gehen. Um eine seelische Stabilität zu erlangen, hilft es vielen, über ihre Gefühle zu sprechen. Teile Ängste und Sorgen mit engsten Vertrauten, beispielsweise mit deiner Partnerin oder deinem Partner oder besten Freund*innen.
Bei der Unterstützung von älteren Angehörigen kommt viel Last auf einen zu. Sorgen über die schwindende Selbstbestimmtheit der Person, Gedanken an den Tod oder auch der Umgang mit Scham bei Nacktheit, wenn Hilfe bei der Körperpflege vonnöten ist, sind Themen, die leichter werden können, wenn man sie zusammen bespricht.
Wer in seinem familiären oder Freundeskreis diese Gesprächsangebote nicht findet, kann sich Selbsthilfegruppen anschließen oder sich therapeutische Hilfe suchen. Bei akuten Krisen hilft ein Sorgentelefon.
Entspannungstechniken erlernen: Eine gute Gesundheitsvorsorge für Körper und Geist ist generell die regelmäßige Entspannung. Kommen aber lang andauernde Belastungen wie bei der Pflege eines älteren Familienmitglieds zu Job, Haushalt und Kindererziehung, wird sie wichtiger denn je. Praktiken wie Yoga, Atemübungen, Muskelentspannungstechniken und Meditation können helfen, Körper und Seele in Einklang zu bringen und die eigene innere Mitte zu finden.
Hobbys nachgehen: Schon weiter oben haben wir dir geraten, dir Zeit für dich zu nehmen. Pausen zu machen, um Kraft zu tanken. Doch die Selbstfürsorge kannst du noch aktiver gestalten, als dir nur hin und wieder eine Auszeit zu gönnen.
Du solltest bewusst deine Hobbys pflegen. Vielleicht treibst du Sport im Verein oder nimmst regelmäßig an Malkursen teil? Verfolgst du diese Leidenschaft, bereicherst du dich nicht nur um eine schöne Freizeitbeschäftigung zum Ausgleich, sondern tust dir in anderer Weise noch etwas Gutes. Es sind Erfolge, die sich dabei auftun, beispielsweise die Freude über ein gelungenes gemaltes Bild oder ein geschossenes Tor beim Mannschaftssport. Sie machen dich stolz und steigern deinen Selbstwert. Damit du merkst, dass ihn nicht nur deine Hilfsbereitschaft ausmacht, sondern auch immer noch dein eigenes Tun und Handeln in anderen Bereichen deines Lebens.
Pflegen zerrt an den Kräften: Bei Überforderung Hilfe holen
Bei Anzeichen von Überlastung schnell handeln: Ganz wichtig ist auch, sich beim Balance-Akt zwischen Pflege und eigenem Wohlbefinden nicht unter Druck zu setzen. Es ist völlig normal, dass es auch Tage geben wird, an denen du dich überfordert fühlst oder dir beides auf einmal zu viel wird. Tu dir in solchen Momenten bewusst etwas Gutes, um zu deiner inneren Ruhe zurückzufinden.
Und bedenke: Es muss nicht immer alles perfekt sein. Für andere da zu sein, erfordert viel Liebe, Kraft und Hingabe – da können andere Lebensbereiche zu kurz gekommen sein. Ziel ist es, dies zu erkennen und für sich selbst zu ändern.
Sollte die Überforderung aber länger anhalten und du bemerkst Anzeichen wie Appetitlosigkeit, depressive Verstimmungen oder Schlafprobleme, solltest du nicht zögern, dir umgehend Hilfe zu suchen. Damit es dir als pflegende*r Angehörige*r gutgeht. Denn das Wohlbefinden von dir ist auch für die zu unterstützende Person wichtig.
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