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"Feste Feiern" von Julia Becker: Diese ZDF-Komödie trifft mitten ins Herz

Julia Becker mit blonder Hochsteckfrisur sitzt lächelnd in Jeans und Jeanshemd auf einem schwarz-weiß gestreiften Sessel.
© IMAGO / Eibner
Im Interview erzählt Schauspielerin, Regisseurin und Autorin Julia Becker von ihrem neuen Film "Feste Feiern".

Eigentlich sollte es eine entspannte Geburtstagsfeier werden – doch in "Feste Feiern", der neuen Komödie im ZDF, läuft alles aus dem Ruder. Im Interview mit BILD der FRAU erzählt Regisseurin und Schauspielerin Julia Becker, was sie an Familienchaos reizt, wie sie Karriere und Kreativität verbindet – und warum Frauen im Film mehr Raum brauchen.

Familie – das kann Liebe pur sein oder ein Pulverfass mit Zündschnur: Eben noch ein Herz und eine Seele, im nächsten Moment fliegen die Fetzen. Und spätestens bei Familienfeiern zeigt sich, wie fragil der Frieden oft ist. Kein Wunder also, dass es in kaum einer Familie immer harmonisch zugeht – egal, wie sehr man sich liebt.

Eine besonders prekäre Familiensituation erzählt Schauspielerin, Regisseurin und Autorin Julia Becker in ihrer neuen Komödie "Feste Feiern", abrufbar seit dem 19. Juni 2025 in der ZDF-Mediathek. Im Mittelpunkt stehen Knut und Karo, die sich innig lieben – bis Knut kurz vor seinem 40. Geburtstag einen Brief liest, der nicht für ihn bestimmt war. Seine Fassungslosigkeit schlägt in Wut um – und das ausgerechnet auf der Überraschungsparty, die Karo für ihn geplant hat.

Was als harmonisches Familienfest beginnt, gerät völlig aus dem Ruder: verletzte Gefühle, alte Familienkonflikte und ein Abend, der vom fröhlichen Fest ins Chaos kippt.

Den Trailer zu "Feste Feiern" kannst du dir hier anschauen:

Wir haben Julia Becker zum Interview getroffen und mit ihr nicht nur über ihren neuen Film gesprochen, sondern auch über ihr Wunschprojekt, das Thema Mutter-Sein und Frauen im Film.

Regisseurin Julia Becker im Interview: Warum die besten Geschichten direkt aus dem echten Leben kommen

BILD der FRAU: "Feste Feiern" erzählt die Geschichte einer chaotischen Geburtstagsfeier mit viel Familien-Drama. Wieso wolltest du genau dieses Thema inszenieren? Was ist der Hintergrund der Story? 

Julia Becker: Es ist schon eine Weile her, da saß ich nach einer Familienfeier mit dem erweiterten Familienkreis völlig erschöpft auf der Couch und dachte nur: "Holla, die Waldfee!", Familienbeziehungen sind wirklich ein eigenes Universum. Die Feier war ganz anderes, als in "Feste Feiern" – aber auch wild und so habe ich angefangen zu schreiben.

Ich widme mich am liebsten Themen, die mich auch persönlich beschäftigen. In meinem ersten Film ging es um eine Paarbeziehung, im zweiten um Freundschaft – da war das Thema Familie quasi der fehlende Teil meines persönlichen "Beziehungs-Triumvirats".

"Feste Feiern": Hannes (Mohamed Achour), Gilla (Victoria Trauttmansdorff), Bernhard (Matthias Brenner), Karsten (Richard Kreutz), Karo (Lucie Heinze), Franzi (Julia Becker) und Helmut (Jörg Schüttauf) stehen mit erstaunten Gesichtern im Halbkreis in einem Zimmer. | © Moritz Anton/ ZDF
Foto: Moritz Anton/ ZDF
In "Feste Feiern" geht es um eine Familienfeier, die ziemlich aus dem Ruder läuft.

Es kommt während der Party irgendwann zu einer Eskalation, die sowohl tragisch als auch komisch wirkt. Wie schafft man den Balance-Akt zwischen Tragik und Komik?

Ich glaube, der Schlüssel liegt darin, die Figuren und ihre Probleme wirklich ernst zu nehmen – ohne sie ins Lächerliche zu ziehen. Denn sobald man sich über jemanden lustig macht, schafft man Distanz – und die nimmt dem Zuschauer die Möglichkeit, empathisch mitzufühlen und damit die Grundlage für Tragik im Film.

Und mit Tragik ist es ja auch oft so: Dinge, in denen wir gerade noch tief drinstecken, wirken unfassbar dramatisch – können aber, mit etwas Abstand, plötzlich sehr lustig werden. Am schönsten ist es, wenn der Zuschauer denkt: "Oh Gott, das kenne ich – bin ich froh, dass ich da gerade nicht durch muss!" Wenn man anderen dabei zusieht, wie sie sich an etwas abarbeiten, das einem selbst vertraut ist, aber man inzwischen etwas Abstand dazu hat, entsteht oft genau diese besondere Mischung: Dann wird es lustig und im besten Fall auch berührend.

Dreh mit Dauerstress – und ganz viel Herz: So lief’s am "Feste Feiern"-Set ab

Du hast bei "Feste Feiern" nicht nur Regie geführt, sondern auch selbst vor der Kamera mitgespielt. Wie waren die Dreharbeiten für dich? Gab es besondere Herausforderungen?

Das mit der Doppelaufgabe kenne ich ja schon aus meinen vorherigen Filmen, daran bin ich mittlerweile gewöhnt. Was neu war bei diesem Film, war dieses riesige Ensemble, was über weite Strecken gemeinsam im Bild ist. Das erfordert eine wahnsinnig hohe Konzentration, denn jede*r einzelne braucht nach einem Durchgang Feedback von mir, bevor wir die Szene wiederholen. Ich bin also immer ON.

"Feste Feiern": Franzi (Julia Becker) und Karstens (Richard Kreutz) stehen in der Küche. Sie hat einen Partyhut auf dem Kopf und hält einen in der ausgestreckten Hand. | © Marcus Gaertner/ ZDF
Foto: Marcus Gaertner/ ZDF
Seit dem 19. Juni kannst du dir Julia Beckers neuen Film "Feste Feiern" in der ZDF-Mediathek anschauen.

Es gibt keinen Moment, an dem ich mich mal zurücklehnen und etwas verschnaufen kann. Aber ich liebe das sehr, dadurch, dass ich beides parallel mache, fühle ich mich sowohl dem Team als auch den Schauspielenden sehr nah und habe das Gefühl schnell auf Dinge reagieren zu können, was zu einer sehr herzlichen Stimmung am Set führt.

Gab es eine Szene, die dir emotional besonders naheging – oder die in der Inszenierung besonders herausfordernd war?

Ohne zu viel verraten zu wollen, aber den Moment, wenn Karo und Knut das zweite Mal in der Küche verschwinden, fand ich schon beim Dreh sehr berührend. Die Herausforderung lag darin, die Szene so pur und ehrlich wie möglich zu spielen – ohne großes Tamtam, ganz nah an den Figuren.

Ich bin Lucie Heinze und Helgi Schmid sehr dankbar, dass sie mir da so vertraut und sich emotional komplett reingeworfen haben.

"Feste Feiern": Knut (Helgi Schmid) und Karo (Lucie Heinze) stehen sich in der Küche gegenüber. Er lehnt an einem Tisch, sie an der Spüle. | © Marcus Gaertner/ ZDF
Foto: Marcus Gaertner/ ZDF
Helgi Schmid und Lucie Heinze übernehmen in "Feste Feiern" die Rollen von Knut und Karo.

Was ist deiner Meinung nach die wichtigste Botschaft des Films?

Ich glaube, die wichtigste Botschaft ist: Familie kann chaotisch, laut, voller Konflikte und Unterschiede sein – aber wenn es wirklich ans Eingemachte geht, hält man doch zusammen. Im Kern steckt da dieser alte Spruch: "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich." So kompliziert familiäre Beziehungen auch sein mögen – sie tragen oft eine tiefe Verbundenheit in sich, die gerade in Krisenmomenten spürbar wird.

Regisseurin und Mutter: Warum beides gleichzeitig (immer noch) ein Kraftakt ist

Du hast in deiner Karriere schon viel gemacht. Mit wem würdest du in Zukunft aber gern mal zusammenarbeiten?

Wir haben in Deutschland so viele tolle, kreative Filmschaffende vor und hinter der Kamera, dass es wirklich schwer ist, einzelne Namen zu nennen. Aber eine Person beeindruckt mich immer wieder: Karoline Herfurth. Sie schafft es, Anspruch und Unterhaltung so miteinander zu verbinden, dass beides ganz selbstverständlich nebeneinander existiert. Das finde ich sehr inspirierend.

Das Thema Mutter-Sein spielt in "Feste Feiern" eine entscheidende Rolle. Wie nimmst du das Ansehen von Müttern – besonders arbeitenden Müttern – in der Gesellschaft wahr? Wo gibt es vielleicht noch Verbesserungspotenzial?

Ich denke, dass der Druck auf Mütter nach wie vor sehr groß ist. Ich bin selbst Mutter und merke immer wieder, wie schwer es ist, diesen Spagat hinzubekommen: Was ist zu viel, was ist zu wenig? Man soll auf der einen Seite eine liebevolle, präsente Mutter sein, auf der anderen Seite aber auch stark, unabhängig, beruflich erfolgreich.

Gesellschaftlich hat sich zwar einiges getan, aber die Erwartungen sind oft widersprüchlich und unrealistisch. Es braucht einfach mehr gegenseitiges Verständnis und weniger Bewertung, denn Muttersein ist eben sehr individuell – und da gibt es nicht die eine "richtige" Balance.

Julia Becker: "Je mehr Frauen hinter der Kamera mitgestalten, desto vielfältiger werden die Rollen vor der Kamera"

Es wird berichtet, dass es für Frauen über 30 und besonders im fortschreitenden Alter in der Film-Branche schwierig ist, für Rollen gebucht zu werden, die feminin, sexy und stark erscheinen sollen. Was ist deine Meinung und Erfahrungen (auch bei Kolleginnen) damit? 

Ich habe das auch selbst erlebt: Als ich mit 25 die Schauspielschule beendet hatte, wurde mir direkt gesagt, ich sei eigentlich schon zu alt für Film. Dann folgten Ratschläge wie: abnehmen, höher sprechen, weiblicher wirken – und immer wieder der Satz: "Wenn du es bis 30 nicht geschafft hast, wird's schwierig." Das war sehr frustrierend und zeigt, wie eng das Frauenbild lange Zeit gesteckt war.

Aber ich glaube, gerade verändert sich viel. Es wird an vielen Ecken und Enden für mehr Sichtbarkeit von Frauen gekämpft – nicht nur in der Filmbranche. Wir sehen zunehmend Figuren, die jenseits des klassischen Klischees funktionieren – und dabei jeden Alters. Und je mehr Frauen hinter der Kamera mitgestalten, desto vielfältiger werden auch die Rollen vor der Kamera. Es ist noch ein Weg, aber es bewegt sich was!

Lese-Tipp: "Zusammenhalt unter Frauen ist so wichtig" – Vivien Wulf über Frauenpower

Was findest du, muss sich in Bezug auf das Frauenbild im Film noch verändern?

Wir müssen im Film noch viel mehr Facetten von Frauen zeigen – optisch, altersmäßig, aber auch charakterlich. Weibliche Figuren dürfen auch widersprüchlich, wütend, verletzlich oder unsympathisch sein – genau wie männliche Figuren es schon immer waren. Je mehr Vielfalt wir auf der Leinwand sehen, desto ehrlicher und spannender werden die Geschichten – und desto näher kommen wir auch einer echten Gleichberechtigung!

TV-Tipp: Seit dem 19. Juni 2025 kannst du dir Julia Beckers neuen Film "Feste Feiern" in der ZDF-Mediathek anschauen.

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