Der ideale Frauenkörper: So sehr hat sich das Schönheitsbild in 125 Jahren verändert

Viele Frauen jagen dem Idealbild des weiblichen Körpers hinterher, dem sie entsprechen wollen – manchmal ein ganzes Leben lang. Aber was ist eigentlich ideal? Die Antwort darauf hat sich im letzten Jahrhundert ganz schön verändert!
Der perfekte Frauenkörper: Wer bestimmt eigentlich, wie du auszusehen hast?
Viele Frauen streben Zeit ihres Lebens einem Idealbild des weiblichen Körpers hinterher – einem Bild, das sich ständig wandelt und oft mehr Druck als Orientierung bietet. Aber was genau soll dieses Ideal eigentlich sein? Und wer legt fest, was als schön gilt? Eines ist sicher: Die Antwort darauf hat sich im Laufe der Geschichte drastisch verändert – und tut es immer noch.

Schönheit gestern und heute: Vom göttlichen Zeichen zur Instagram-Illusion
Was heute auf Social Media als "perfekt" gilt, ist oft das Produkt von Filtern, Lichttricks und Photoshop. Und trotzdem beeinflussen uns diese Bilder massiv: Sie prägen unser Selbstbild, unser Verhalten – und ganz nebenbei auch unsere Essgewohnheiten. Die Psychoanalytikerin Dr. Ada Borkenhagen bringt es auf den Punkt: „Es geht nicht darum, fit zu sein, sondern fit auszusehen.“ Das heißt: Es zählt nicht mehr die Gesundheit, sondern die Show.
Du willst dazugehören, nicht abfallen. Du willst schön sein – aber was heißt das eigentlich? Schlank? Kurvig? Sportlich? Natürlich? Weiblich? Die Anforderungen überlagern sich, widersprechen sich, wechseln je nach Trend und Plattform. Das Idealbild ist zu einem Sammelsurium geworden: schlanker Körper, aber großer Po; definierte Muskeln, aber weiche Gesichtszüge; möglichst makellos, aber bitte nicht künstlich. Kein Wunder, dass viele von uns da nicht mehr mitkommen – und sich trotzdem tagtäglich mit vermeintlich perfekten Körpern vergleichen.
Körperideale im Wandel der Zeit: ein Blick zurück
Tatsächlich war das Streben nach Schönheit nie nur ein Thema unserer Zeit. Schon im Alten Ägypten galt Symmetrie als Inbegriff von Schönheit – und wurde mit aufwendigem Make-up und Haarpflege kultisch gefeiert. Im Mittelalter wiederum bedeutete ein blasser Teint Tugend und Adel, während Frauen mit schmaler Figur und rotblondem Haar als besonders attraktiv galten.
Im Barock dann die Kehrtwende: Üppigkeit und Fülle symbolisierten Reichtum, Gesundheit und Fruchtbarkeit. Frauen mit Rundungen waren das Schönheitsideal schlechthin – ihre Körper galten als Ausdruck weiblicher Stärke. Die Kleidung war darauf abgestimmt: Korsetts, Perücken, prunkvolle Kleider.
Ab dem 19. Jahrhundert wurde es wieder enger – im wahrsten Sinne. Die viktorianische Frau wurde zur zarten Erscheinung mit schmaler Taille, betonter Oberweite und gebändigtem Auftreten. Ab den 1920ern kehrte sich das Ideal einmal mehr ins Gegenteil: Der androgyn-schlanke Flapper-Look war angesagt, mit kurzen Haaren und schmaler Silhouette – ein modischer Ausdruck von Selbstbestimmung und Rollenbruch.
Die 50er feierten dann mit Marilyn Monroe, Liz Taylor und Brigitte Bardot wieder weibliche Kurven – doch schon die 60er konterten mit Twiggy, dem ersten Supermodel mit mädchenhafter Erscheinung und kindlich-dünner Figur. Es folgte der Fitnesskult der 80er, der Heroin-Chic der 90er – und heute? Da ist scheinbar alles erlaubt und doch wieder nicht. Vielfalt wird gefeiert, solange sie sich in einem gewissen Rahmen bewegt. Der schlanke, aber kurvige Körper bleibt das Nonplusultra.

Was die Medien daraus machen – und was das mit dir zu tun hat
Der Druck auf Frauen, einem bestimmten Körperbild zu entsprechen, wird maßgeblich von den Medien erzeugt – das zeigen nicht nur zahlreiche Studien, sondern auch persönliche Erfahrungsberichte. Das Problem: Die dort gezeigten Körper sind oft unerreichbar. Sie stehen für eine winzige Minderheit, werden aber als Norm verkauft. Das Ergebnis? Mädchen und Frauen beginnen schon im Kindesalter, sich über ihr Gewicht und Aussehen zu definieren.
Wie stark dieser Druck ist, zeigen Zahlen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Fast 30 Prozent der Mädchen empfinden sich schon mit 10 Jahren als zu dick – unabhängig vom tatsächlichen Gewicht. Bei den 17-Jährigen sind es sogar 80 Prozent. Die Folge: Essstörungen, Selbstzweifel, ein gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper.
Auch Babys schauen laut Studien länger auf Gesichter, die Erwachsene als attraktiv empfinden – was zeigt, dass der Einfluss von Schönheit tief in unserer Sozialisation verwurzelt ist. Gleichzeitig lernen wir über unsere Umgebung, was als schön gilt: durch Familie, Gleichaltrige – und ganz massiv durch Werbung, Medien und Social Media.
Sendungen wie "Germany’s next Topmodel" prämieren nicht unbedingt die schönste Teilnehmerin, sondern diejenige, die am härtesten an sich arbeitet – und das vermittelt eine klare Botschaft: Nur wer sich verändert, verdient Anerkennung.
Hinzu kommt die neue Form der Selbstvermessung. Smartphones, Fitness-Tracker und Apps machen es heute möglich, jeden Schritt, jede Kalorie und jedes Gramm Körpergewicht zu überwachen. Die Personenwaage – früher noch auf Bahnhöfen eine Art Jahrmarktspiel – ist längst ins Badezimmer eingezogen. Für viele ist sie zum täglichen Ritual geworden, zum Symbol für Kontrolle, Erfolg – oder Versagen.
Was wirklich zählt: Du. Nicht dein Gewicht.
Gerade im Zeitalter von TikTok und Instagram, in dem jeder Körper inszenierbar scheint, braucht es mehr denn je eine Gegenbewegung. Die Body-Positivity- und Body-Neutrality-Bewegungen setzen sich dafür ein, dass du deinen Körper unabhängig von gesellschaftlichen Normen akzeptieren und feiern kannst. Dass Schönheit nicht nur in Kleidergrößen oder Filter-Look liegt, sondern in Selbstvertrauen, Lebensfreude und Echtheit.
Auch Dr. Borkenhagen rät: Lass dir nicht einreden, dass Schönheit automatisch glücklich macht. Vielleicht bringt dir ein makelloser Look mehr Likes – aber ob du dich wirklich besser fühlst, hängt nicht von deinem äußeren Erscheinungsbild ab. Schönheit ist nie ein Ersatz für echte Zufriedenheit oder Selbstwert. Und spätestens dann, wenn du anfängst, dich durch Filter schöner zu lügen, wird es Zeit für eine ehrliche Bestandsaufnahme: Wem willst du eigentlich gefallen?
Schönheit ist, was du daraus machst
Schönheit war nie neutral – sie war immer kulturell, politisch, wirtschaftlich. Und sie war immer wandelbar. Deshalb lohnt es sich, den Blick nach innen zu richten: Was gefällt dir an dir? Was lässt dich strahlen, ohne dass du dich verbiegen musst?
Forscher*innen wie Nora Ruck und Susie Orbach sagen: Schönheit ist nicht angeboren – sie ist erlernt. Du siehst dich mit den Augen anderer, statt dich selbst von innen heraus zu sehen. Du wirst sozialisiert, dich so zu zeigen, wie es erwartet wird. Und genau das darfst du hinterfragen. Schönheit ist keine Währung, in der du deinen Wert messen musst.
Ob du lieber sportlich bist oder weich, kurvig oder kantig – entscheidend ist, dass du dich wohlfühlst. Nicht die Kleidergröße, sondern deine Haltung zählt. Dein Lachen. Deine Geschichte. Deine Persönlichkeit. Und vielleicht ist genau das die beste Nachricht von allen: Du brauchst kein Idealbild, um schön zu sein. Du bist es längst – auf deine eigene Art.
Wusstest du, dass es eine mathematische Formel für Schönheit gibt? Der sogenannte Goldene Schnitt gilt seit der Antike als Inbegriff ästhetischer Harmonie – und taucht in Kunst, Architektur, Natur und sogar in der Popkultur immer wieder auf. Der britische Schönheitschirurg Julian De Silva etwa erklärte 2022 die Schauspielerin Jodie Comer zur „schönsten Frau der Welt“ – weil ihr Gesicht den Proportionen des Goldenen Schnitts nahezu perfekt entspricht. Auch Zendaya und Bella Hadid rangieren weit oben in diesem makellosen Ranking.
Doch was sagt das über dich oder mich aus? Müssen unsere Augen, Nasen und Lippen in einem bestimmten Verhältnis stehen, um als schön zu gelten? Die Antwort lautet: nicht wirklich. Denn selbst wenn wir Menschen Symmetrie grundsätzlich als angenehm empfinden – Schönheit ist keine Zahl. Sie ist ein Gefühl, ein Eindruck, eine Ausstrahlung.
Studien zeigen: Attraktivität hängt auch davon ab, was wir über eine Person wissen. Eine chinesische Untersuchung ergab, dass Menschen mit positiven Eigenschaften im Nachhinein schöner wahrgenommen wurden. Wer als freundlich, klug oder humorvoll gilt, erscheint oft auch äußerlich attraktiver. Schönheit ist also nicht nur eine Frage des Aussehens, sondern auch der Persönlichkeit.
Und: Was als schön gilt, hat sich über Jahrhunderte immer wieder verändert. Vom Lotusfuß im alten China bis zur blassen Wespentaille des Barock – Schönheitsideale spiegeln immer auch gesellschaftliche Machtverhältnisse wider. Sie entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern aus kulturellen, ökonomischen und politischen Zusammenhängen.
Heute verbringen viele Menschen im Schnitt mehrere Stunden pro Tag damit, "besser" auszusehen – sei es durch Styling, Make-up oder Filter. Aber all das kann uns vom Wesentlichen ablenken: davon, wie du dich wirklich fühlst. Denn du bist mehr als dein Spiegelbild. Und was du als schön empfindest, sollte nicht nur anderen gefallen – sondern in erster Linie dir selbst.
Immer mehr Menschen machen sich für Body Positivity stark. Eine tolle Bewegung, denn ihre Kernaussage ist: Genau so, wie wir aussehen, sind wir gut!
Und sie wächst, die Anzahl an starken Frauen, die sich nicht mehr vorschreiben lassen wollen, wie sie auszusehen haben.
- Auch Schauspielerin Ronja Forcher gehört dazu. Sie sagt: Körperfrust ist reine Zeitverschwendung.
- Unsere Kolumnistin Renate Zott zum Thema: Kaschieren oder zeigen? Sie zeigt, wie du selbstbewusst mit deinen "Problemzonen" umgehst.
- Mitte 60 – und dann noch als Model arbeiten? Kein Thema für Petra van Bremen: Die Grey-Hair-Influencerin schreibt in "Deine beste Zeit ist jetzt" darüber, wie gut sich Altern und Lebensfreude miteinander vereinbaren lassen. Mit BILD der FRAU hat sie über ihr Buch, ihre Beauty- und Fitness-Routine sowie die Zeit der Wechseljahre gesprochen.