Für immer? Nicht immer...

Studie: Daran lässt sich ablesen, ob eine Beziehung von Dauer ist

Ein älteres Ehepaar steht Arm in Arm in der Natur, die beiden schauen auf eine junge Familie vor ihnen
© iStock.com/skynesher
Ob eine Beziehung von Dauer ist, wollen viele wissen. Das lässt sich auch tatsächlich bestimmen, heißt es in einer aktuellen Studie.

Hält eine Beziehung oder nicht? Gute Frage – doch die Dauer lässt sich tatsächlich voraussagen. Zumindest ein gutes Stück weit, heißt es in einer Studie.

"Für immer zusammen": Mal ehrlich, wenn Ihnen der vermeintlich Richtige über den Weg läuft, haben Sie zu Beginn Ihrer Romanze etwa nicht Gedanken wie diesen? Ist ja auch normal, denn wer eine Partnerschaft eingeht, tut das in der Regel, um sie lange aufrecht zu erhalten. Nicht immer klappt das. Und nicht immer sind die Gründe offensichtlich. Hätte man's nicht eher wissen können oder müssen? Im Prinzip schon, heißt es laut einer Studie: Die Dauer einer Beziehung ist nämlich voraussehbar – zumindest ein Stück weit.

Studie: Die Dauer einer Beziehung lässt sich bestimmen

Lässt sich bereits zu Beginn einer Beziehung voraussagen, ob sie hält? Dieser Frage ist Christine Finn von der Universität Jena nachgegangen. Im Rahmen der Langzeitstudie "pairfam" hat die Psychologin fast 2000 Paare über sieben Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen rund um deren Beziehung befragt. 319 von ihnen, also rund 16 Prozent, haben sich in diesem Zeitraum getrennt. Ihr Fazit: "Prognosen über die Langlebigkeit einer Beziehung sind durchaus möglich."

Denn schon ganz am Anfang entscheiden unterschiedliche Auffassungen rund um die Beziehung, ob diese sich dauerhaft kombinieren lassen – oder eben nicht. Christine Finn drückt es so aus: "Bereits zu Beginn einer Beziehung lassen sich Prädiktoren – also gewisse Vorhersagevariablen – finden, die Informationen darüber liefern, ob die Beziehung lange hält oder nicht."

Der Schlüssel zu einer dauerhaften Beziehung ist Zufriedenheit, auf beiden Seiten. Das ermittelten die Forschenden der Uni Jena, indem sie unter anderem danach fragten, wie sehr Paare ihre Bedürfnisse befriedigt sehen. Eine große Schnittmenge, also etwa sich nah zu sein und gleichzeitig eigene Interessen verfolgen zu können, führte fast immer zu einer längeren Beziehungsdauer. Heißt also: Gleich zu Beginn einer Liaison ist deren Verlauf vorhersehbar – die Übereinkunft von Bedürfnissen entscheidet darüber.

Dauer vorhersehbar? Das sagt der Beziehungs-Experte

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Foto: Eric Hegmann
Eric Hegmann, Paarberater und Parship-Coach aus Hamburg

Eine Prognose zur Dauer von Beziehungen ist also möglich – was sagt ein Experte dazu, der mit Partnerschaften ganz praktisch und täglich zu tun hat? BILD der FRAU hat bei Paarberater und Parship-Coach Eric Hegmann nachgefragt, der in seiner Modern Love School viele Online-Kurse rund um Beziehungsthemen anbietet: "Tatsächlich gibt es einige Faktoren, die dafür sprechen, dass eine Beziehung scheitert. Aus der Paartherapie-Praxis würde ich sagen: Wenn die Verbindung nicht mehr herstellbar ist, beispielsweise nach einer langjährigen Affäre und erheblichem Vertrauensverlust. Ansonsten bin ich grundoptimistisch und denke: Solange beide Partner eine Beziehung wünschen, ist alles möglich, ganz unabhängig von ihren Unterschieden."

Über die Sinnhaftigkeit einer solchen frühen Festlegung lässt sich allerdings streiten: "Der Wunsch nach Sicherheit in einer Beziehung ist verständlich und nicht neu, jedoch widerspricht er dem Wesen der Liebe, die eben Mut und Vertrauen erfordert von den Partnern, um wachsen zu können. Liebe ist eine Entscheidung, und sie verändert sich. Im besten Falle wächst sie über die Jahre. Das Tröstende ist: sie lässt sich auch wieder entfachen, wenn sie einmal abgekühlt ist, weil die Partner sich entgegengesetzt entwickelt haben", so Eric Hegmann.

"Wer unglücklich startet, wird noch unglücklicher"

Fakt aber ist laut Studie: Starten Paare schon auf unterschiedlichem Glücksniveau, ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns höher als bei Paaren, die ähnlich ticken. Und: "Zusätzlich nimmt bei beiden Gruppen die Glücklichkeit ab – bei denen, die sich später trennen, passiert das allerdings deutlich rapider. Das bedeutet: Wer unglücklich startet, wird noch unglücklicher", erläutert Psychologin Finn.

Aber gibt es tatsächlich Paare, die unglücklich in eine Beziehung starten? Welche sind das? "Ich kann aus meinen Erfahrungen bestätigen: Beziehungen, die schwierig beginnen, bleiben meist schwierig", erzählt Eric Hegmann. "Der Grund ist die Paar-Dynamik, die etwa dann entsteht, wenn ein Partner die Beziehung mehr wünscht als der andere. Daraus kommt ein Paar selten wieder heraus. Ich möchte das so zusammenfassen: da stimmt die Partnerwahl nicht."

Ist es also überhaupt sinnvoll, so in eine Beziehung zu starten? Eric Hegmann: "Einer der Partner müsste sich grundlegend verändern, damit eine Beziehung funktionieren kann. Das wird nicht geschehen. Viele Paare gehen aber eine Beziehung ein in der Hoffnung, der andere würde sich schon noch anpassen oder einsehen, dass er sich anpassen muss. Dieses Hoffnungs-Prinzip wird sich nicht erfüllen."

"Keine Beziehung ist von vornherein zum Scheitern verurteilt"

Heißt das jetzt, dass sich ein Paar gleich wieder trennen sollte, wenn es sich in Sachen Bedürfnisse nicht einigen kann? Das soll laut Christine Finn nicht die Erkenntnis aus der Studie sein – es gehe nicht um Optimierungstrend und Ergebnisorientiertheit: "Wenn sich Paare nach einiger Zeit trennen, kann das trotzdem eine wertvolle und wichtige Phase in ihrem Leben sein – die möglicherweise die folgenden Beziehungen positiv beeinflusst. Außerdem können Paare das Gemeinsame, wie das Ausleben von Nähe und Unabhängigkeit, auch bewusst steuern und daran arbeiten. Keine Beziehung ist von vornherein zum Scheitern verurteilt."

Das bestätigt Eric Hegmann: "Wenn beide Partner wirklich eine Beziehung miteinander wollen, können sie tatsächlich ihre Konflikte überwinden oder zumindest in ihre Partnerschaft so integrieren, dass ihre Bindung bestehen bleibt. Es geht ja niemals darum, alle Konflikte zu lösen, sondern darum, mit den unlösbaren Konflikten zurechtzukommen. Das sind die, bei denen kein Kompromiss möglich ist, der beide Partner gleichermaßen zufrieden stellt. Und das sind über 60 Prozent aller Konflikte in Beziehungen! Wer immer nur maximal die Hälfte dessen erhält, was er sich wünscht, wird irgendwann keinen Optimismus mehr für diese Beziehung aufbringen, weil er sich nicht vorstellen kann, mit dieser Person auch in Zukunft noch glücklich sein zu können. Solange aber Paare diese Konflikte annehmen können, ist alles möglich."

Stimmt dann "Gegensätze ziehen sich an" überhaupt noch?

In der Psychologie gebe es derzeit zwei wissenschaftliche Modelle, die den Verlauf einer Paarbeziehung unterschiedlich beschreiben, erklärt Christine Finn noch: Das eine ist das bereits beschriebene, nämlich ein Start mit unterschiedlich hohem Glücksniveau. Das andere beinhalte, dass alle Paare zu Beginn etwa gleich glücklich seien. Komme es dennoch zu einer Trennung, sei das auf Probleme zurückzuführen, die sich erst im Laufe der gemeinsamen Zeit entwickelten.

Gibt es also nur noch ein "gleich und gleich gesellt sich gern", aber kein "Gegensätze ziehen sich an" mehr? Eric Hegmann besänftigt: "In der Kennenlernphase suchen Menschen Gemeinsamkeiten, die ihnen Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Hinzu kommt, dass wir in der Limerenz-Phase –  so heißt wissenschaftlich die Verliebtheitsphase mit dem euphorisierenden Hormon-Cocktail, der uns dann steuert – die Unterschiede auch kaum wahrnehmen und häufig ausblenden. Unterschiede sind gut und nötig, aber sie dürfen nicht als Bedrohung erlebt werden, sondern als Ergänzung. Der Volksmund hat also mit beiden Sätzen recht. Und sie widersprechen sich auch nicht!"

➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann finden Sie hier, und hier geht's zur Modern Love School.

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