"Ja, ich will"

Hochzeit aus Liebe? Was Paare sich wirklich von der Ehe versprechen

Ein Brautpaar sitzt nah beieinander, hält sich zärtlich an den Händen, die Braut trägt Schleier und ein Sträußchen Schleierkraut.
© Getty Images / JovanaT
"Bis dass der Tod euch scheidet": Warum heiraten eigentlich immer noch so viele Menschen und was macht die Ehe mit Paaren? Unser Experte erklärt.

Für viele Paare ist die Ehe bis heute von großer Bedeutung. Warum eigentlich? Was versprechen Menschen sich davon? Was ändert sich durch die Ehe – und was lässt sie lange halten? Was ein Experte dazu sagt.

Der Traum des "für immer", das Versprechen "in guten wie in schlechten Zeiten": Auf viele Paare übt eine Hochzeit mit allem, was dazugehört, eine geradezu magische Faszination aus. Laut Statistischem Bundesamt ist jede zweite erwachsene Person in Deutschland, also rund 35,0 Millionen Menschen, verheiratet. Warum das so ist, ob Beziehungen und Streitereien unter Paaren nach der Eheschließung anders werden und was in einer Ehe enorm hilft, verrät Paarberater Eric Hegmann von der Hamburger Modern Love School.

Ehevertrag: Vorsorge für die Liebe – So schützt ihr euch rechtlich und finanziell

Warum Paare heiraten wollen und was die Ehe mit ihnen macht

BILD der FRAU: Lieber Herr Hegmann, Paare wollen ja nach wie vor. unbedingt heiraten. Warum?

Paar-Therapeut Eric Hegmann | © Robert Hilton
Foto: Robert Hilton
Eric Hegmann, Paarberater aus Hamburg

Eric Hegmann: Ein wundervolles Fest, tolle Bilder, großartige Erinnerungen und natürlich ein Leben lang Liebe. Die Hochzeit und die Ehe sollen diese Liebe sichern. Viele Paare erzählen mir von einer großen Sehnsucht nach Romantik. Heute heiraten Menschen aus Liebe. Liebe ist die Voraussetzung und die Begründung der Ehe. Es geht nicht mehr um finanzielle Sicherheit, um eine Vernunftehe oder Wirtschaftsgemeinschaft.

Und wenn wir gerade bei Sicherheit sind: Da möchte ich mit dem immer wieder abgeschriebenen Gerücht aufräumen, die Hälfte aller Ehen würde geschieden. In Deutschland werden laut Statistischem Bundesamt weniger als 40 Prozent der Ehen geschieden – diese Zahl war die vergangenen 15 Jahre rückgängig. Grundsätzlich zeigen die Studien: Seit der Jahrtausendwende ist die Zahl an Eheschließungen kaum noch rückgängig, die Ehen dauern länger, Paare ziehen schneller zusammen.

Statistisch gesehen besteht also der Heiratswunsch nach wie vor. Nach einer Studie von Parship wollen 63 Prozent der Deutschen gerne heiraten, weil sie eine engere Verbundenheit mit dem Partner oder Partnerin erwarten, weil sie eine Hochzeit als echten Liebesbeweis sehen und weil man durch eine Hochzeit zur richtigen Familie wird. Das sind die am häufigsten genannten Gründe.

Aufwändige Hochzeitsfeiern werden ja auch durch soziale Medien gepusht...

Ja, wobei die Studie auch ein Klischee bestätigt: Es sind vor allem die Frauen, die sich eine große Hochzeit mit Tauben, Pferdekutsche und großer Robe wünschen, während die Männer eine lockere Feier mit Bier, Grillwürsten und guter Musik wollen.

Hochzeitsfeiern erleben sicher auch dank Instagram und Pinterest diesen Boom. Es geht bei vielen Ideen in erster Linie darum, am Ende schöne Bilder zu haben. Das war natürlich auch vor dem Siegeszug der sozialen Medien so, aber aktuell scheint es wichtiger als zuvor. Das Statistische Bundesamt spricht von etwa 5000 Euro, die ein Paar ausgibt, in einer Studie von Hochzeitsplanern sind es 14 000 Euro.

Bei Oma & Opa war alles besser? Da möchte ich mit Geschichtsbüchern werfen...

Paare verloben sich auch wieder mehr, richtig?

Ja, gleichzeitig hat die Verlobungsparty eine Wiederauferstehung gefeiert dank der sozialen Medien. Eine Zeit lang war der Hochzeitsantrag mit Flashmob die virtuelle Sensation, mit bestellten Fotografen, die heimlich den Antrag fotografiert haben, heute überbieten sich viele mit Verlobungsringen.

Dahinter vermute ich eine gewisse Nostalgie und den Gedanken, bei Oma und Opa war alles besser. Da allerdings möchte ich gerne mit Geschichtsbüchern werfen: In Zeiten, in denen Frauen von ihren männlichen Ehepartnern völlig abhängig waren, gab es die von uns heute gewünschte Ehe auf Augenhöhe von gleichberechtigten Partner*innen einfach nicht. Die Frauen wollten raus – und endlich durften sie. Deshalb kam es ja auch zu den unglaublich vielen Scheidungen damals, und deshalb ist die Ehe so lange in Verruf gewesen.

Inwiefern verändert sich eine Beziehung durch die Hochzeit?

Das erlebe ich von Paar zu Paar unterschiedlich. Einige fühlen sich sicherer und werden liebenswürdiger und hilfsbereiter, andere verhalten sich so, als hätten sie nun nichts mehr zu verlieren. Vor allem US-amerikanische Studien zeigen, dass Männer und Frauen nach der Heirat an Gewicht zulegen, weil sie sich etwas gehen lassen.

In der Paartherapie ist das kein Thema. Da geht es darum: Wie lernen Partner*innen, die Gespräche zu führen, die sie führen müssen, aber bisher nicht führen konnten? Wie gelingt es ihnen, Unterschiede als Ergänzungen wahrzunehmen? Wie schaffen sie es, ihre Verbindung als sicher zu erleben? Und das hat etwas mit den einzelnen Persönlichkeiten zu tun, ihren Biografien, ihrer Bereitschaft, zu investieren. Liebe ist eine tägliche Entscheidung. Ein Trauschein ist ein Beziehungsmodell. Hoffentlich aus Liebe gewählt. Aber Liebe bleibt nur, wenn sich beide um sie bemühen.

ANZEIGE: Alle können Liebe lernen! Für Paare und Singles: Hier findest du alle Online-Kurse und Tests der Modern Love School rund um Partnersuche, Beziehung und Liebeskummer.

Bei Paarkonflikten sachlich diskutieren: totaler Unfug

Gehen Paare nach der Eheschließung anders mit Konflikten um?

Nach meiner Erfahrung nicht wirklich. Wer konstruktiv vor der Ehe streiten konnte, der kann es auch nachher. Wer nicht, der muss es lernen. Das größte Problem bei Konflikten, das ich sehe: Viele Paare glauben, Konflikte ließen sich nur auf der Sachebene lösen. Viele von uns haben noch Sätze gehört wie: Sei nicht so emotional! Bleib auf der Sachebene. Im Beruf ist das ja auch so. Aber in Paarbeziehungen ist es Unfug und gefährlich! In Paarkonflikten geht immer um die emotionale Verbindung. Es geht nicht um die Socken, sondern es geht darum, was macht es mit mir, wenn ich dir ständig hinterher räumen muss?

Auf der Sachebene streiten Partner*innen aneinander vorbei. Sie versuchen sich mit Argumenten zu überzeugen, sie bewerfen sich mit immer mehr Argumenten "Du hast auch letztes Mal schon..." bis hin zu "immer machst du..." oder "NIE machst du...", da ist die Verzweiflung schon sehr groß. Die Folge: Die Partner*innen sind hilflos, erschöpft und fragen sich: Wenn du mich nicht verstehen kannst, obwohl ich alles auffahre, was ich habe: Passen wir noch zusammen? Und diese Sorge und die Trennungsangst lassen den Konflikt dann erst recht eskalieren.

Meist will dann eine*r reden, die/der andere zieht sich zurück. Aus der Dynamik kommen Paare alleine meist nicht mehr raus, wenn sie sich erst einmal gefestigt hat. Dazu vielleicht eine Zahl aus einer Studie des Paarforschers John Gottman: Zwei Drittel aller Paarkonflikte sind nicht lösbare Konflikte. Sie kommen immer wieder. Es macht es nur noch schlimmer, sich daran immer wieder abzuarbeiten. Es ist sinnvoll, die Andersartigkeit des Partners oder der Partnerin anzuerkennen und auch mal aufs Positive zu schauen und zu lächeln, statt sich daran abzuarbeiten.

Nicht die Quantität, sondern die Qualität ist bei der Ehe entscheidend

Der "Bund fürs Leben", also für immer: Ist das (noch) realistisch?

Die Studienlage zeigt: Je länger ein Paar zusammen ist, desto geringer ist das Trennungsrisiko. Das höchste besteht in den ersten Jahren. Aber ich gebe vor allem zu bedenken: Es ist nicht die Dauer einer Ehe, die ihre Qualität beschreibt, es ist die Beziehungszufriedenheit der Partner*innen. Niemand will gefangen sein in etwas, das einen unglücklich macht.

Woran zerbrechen Ehen am häufigsten?

Statistisch gesehen an einschneidenden Lebensereignissen wie Tod eine Elternteils, Hausbau, Kinder – oder wenn der Kinderwunsch bei den Partner*innen ungleich war.

Was raten Sie Paaren, damit ihre Ehe lange hält?

Heiraten Sie den oder die, die auch ihr bester Freund oder ihre beste Freundin sein kann. Langzeitpaare betonen, wie sehr ihnen ihre tiefe Freundschaft durch Durststrecken geholfen hat. Diese zu pflegen scheint mir ein ganz wichtiger Faktor für das Gelingen.

➔ Mehr Infos zu unserem Experten Eric Hegmann findest du hier, und hier geht's zur Modern Love School. Dort gibt es auch passende Online-Kurse zum hier besprochenen Thema.

Mehr zum Thema
Inhalte durchsuchen: