Vaginismus: Schmerz statt Lust – wenn Sex zur Qual wird

Sex ist die schönste Nebensache der Welt? Das gilt nicht für alle Frauen: Etliche leiden unter Vaginismus. Was das ist und was dagegen hilft.
Sex ist schön, macht gesund und Spaß. So sollte es zumindest sein. Leiden Frauen allerdings unter Vaginismus, ist Geschlechtsverkehr eher mit Schmerzen verbunden. In Deutschland sind schätzungsweise 15 bis 30 Prozent aller Frauen betroffen.
Die offiziell anerkannte sexuelle Funktionsstörung führt zu einer schmerzhaften Verkrampfung der Vagina: Wird ein Penis in die Scheide eingeführt, ziehen sich Beckenbodenmuskulatur und Teile der Vaginalmuskulatur so stark zusammen, dass Sex nur unter starken Schmerzen oder gar nicht möglich ist. Sogar das Einführen eines Tampons kann schon zu arger Pein führen.
Primärer und sekundärer Vaginismus
In der Medizin wird zwischen zwei verschiedenen Varianten des Vaginismus unterschieden.
- Primärer Vaginismus: Besteht bereits von Geburt an.
- Sekundärer Vaginismus: Wird durch ein traumatisches Erlebnis herbeigeführt.
In beiden Fällen kann sowohl der Geschlechtsakt als auch das simple Einführen eines Tampons zu starken Schmerzen führen, die der Scheidenkrampf mit sich bringt.
Wieviele Frauen tatsächlich betroffen sind, ist schwer zu sagen: Eine Münchner Sexualtherapeutin, die viele Vaginismus-Patientinnen behandelt, ging in einem Interview mit dem Bayrischen Rundfunk von bis zu 15 Prozent aller Frauen weltweit aus, auf vielen Seiten ist von bis zu 30 Prozent die Rede. Bislang gibt es allerdings keine repräsentativen Studien dazu – warum? Weil sich viel zu viele Frauen für diesen Zustand schämen und sich nicht trauen, offen darüber zu reden.
Das ist schade – denn Vaginismus ist eigentlich leicht zu diagnostizieren: "Wenn keine erkennbaren anatomischen Hindernisse vorliegen, z. B. eine Frau normal menstruieren kann, bedeutet das, dass es nicht an der Biologie liegt, sondern eine andere Ursache vorliegt", sagt Gynäkologin Dr. Vivian Pramataroff-Hamburger im Interview mit der Kölnischen Rundschau.
Ursachen für Vaginismus
Die Ursachen für Vaginismus können körperlich in Form von einer Muskelfunktionsstörung oder psychisch bedingt sein. Typisch für den sekundären Vaginismus sind negative sexuelle Erfahrungen oder Missbrauch. Doch auch eine traumatische Geburt kann zu Vaginismus führen! Das Problem dabei ist, dass allein die Angst vor Schmerzen die Betroffenen hemmt, es erneut zu probieren. Ein Teufelskreis. Egal um welche Form es sich handelt, unterm Strich ist es eine Abwehrreaktion des Körpers, die das Sozialleben maßgeblich beeinträchtigt.
Vaginismus: Behandlung
Verzweifeln sollten Frauen deshalb aber nicht, denn es gibt Methoden zur Heilung oder zumindest zur Linderung. Beim primären Vaginismus wird häufig ein Dilatator (lateinisch für Erweiterer) in verschiedenen Größen angewandt, um die Vagina Schritt für Schritt an den "Eindringling" zu gewöhnen, ohne dabei zu verkrampfen. Entspannungsübungen und Beckenbodentraining können zusätzlich helfen.
Gibt es eine körperliche Ursache, kann die meist behoben werden. Beim sekundären Vaginismus ist aufgrund eines traumatischen Erlebnisses die Psyche Schuld an der Verkrampfung. Daher steht hier die psychologische Betreuung im Vordergrund. Durch eine intensive und langfristige Psycho-Therapie können Betroffene das Geschehene verarbeiten und lernen, positive Empfindungen beim Sex zu entwickeln.
Egal von welcher Form Frauen betroffen sind: Sowohl die Partnerin bzw. der Partner als auch der Gynäkologe bzw. die Gynäkologin sollten eingeweiht werden. Kommunikation ist das A und O einer jeden Beziehung, und auch der Arzt kann nur helfen, wenn er um die Problematik weiß.
Vaginismus: Hilfe zur Selbsthilfe
Mit Vaginismus-Selbsthilfe haben betroffene Frauen einen Online-Auftritt ins Leben gerufen, der viele praktische Ratgeber, hilfreiche Tipps und Kontakte zu Frauenärzt*innen, Psychotherapeut*innen und Sexualtherapeut*innen in ganz Deutschland liefert.
Mitunter kann es ausreichen, die Hilfestellungen zur Selbsthilfe auszuprobieren – unterstützen können sie allemal, auch wenn gleichzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wird. So können Frauen lernen, wie sie Vaginismus mit Entspannung, Beckenboden- und Vaginaldehnung entgegentreten, aber auch, wie etwa Partnerübungen weiterhelfen können. Weil Vaginismus sich häufig negativ auf Ehen und Beziehungen auswirkt, kann ein gemeinsames Training nicht nur helfen, die Therapie durchzuführen, sondern im Zweifel auch die Beziehung stärken.
- Hat eine Frau nicht immer Lust auf Sex, kann das auch andere Ursachen haben – etwa wenn sie demisexuell ist
- Oder könnte es am Dead-Vagina-Syndrom liegen? Was es damit auf sich hat, erfährst du hier.
- Es ist immer hilfreich, sich mit dem eigenen Körper auszukennen – auch über deine Vagina solltest du Bescheid wissen.
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Und wie ist das eigentlich: Kann eine Vagina durch zu viel Sex ausleiern?