Hypodeiodierung

Die Wahrheit über Nahrungsergänzung bei Schilddrüsen-Störungen

Frau hält ein Modell einer Schilddrüse vor ihren Hals, um Schilddrüsenfunktion und gesundheitliche Probleme im Halsbereich zu veranschaulichen.
© sasirin pamai's Images via Canva.com
Betroffene mit Schilddrüsenproblemen werden selbst tätig und greifen zu Nahrungsergänzungsmitteln. Eine gute Idee? Das sagt die Expertin.

Wie viel die Ernährung ausmacht, erkennen immer mehr Menschen. Auch Betroffene von Schilddrüsenproblemen wollen mit zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen ihre Symptome lindern. Ob Nahrungsergänzungsmittel wirklich eine gute Idee sind, beantwortet eine Expertin des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN).

Hashimoto: Tipps zur richtigen Ernährung

Hypodeiodierung: Können Nahrungsergänzungsmittel helfen?

Bei einer Hypodeiodierung liegt eine verminderte Konversion (Umwandlung) des Schilddrüsenhormons Thyroxin (T4) in seine aktive Form Triiodthyronin(T3) vor und Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion können ausgelöst werden, obwohl die Schilddrüsenwerte normal sind. 

Müdigkeit, Haarausfall und Gewichtsprobleme: Die Hoffnung der Betroffenen ist, dass Nahrungsergänzungsmittel etwas gegen diese Symptome ausrichten können – zusätzlich zu den verschriebenen Schilddrüsenmedikamenten.

"Ich werde seit einiger Zeit in meiner Sprechstunde immer häufiger von Betroffenen darauf angesprochen, ob die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll ist", berichtet BDN-Expertin Dr. med. Gesche Wieser, Fachärztin für Nuklearmedizin. "Diese Patientinnen und Patienten wollen dann häufig auch wissen, ob sie an einer Umwandlungsstörung leiden."

Aber: Umwandlungsstörungen sind extrem selten und daher sehr unwahrscheinlich. "Genaue Zahlen liegen nicht vor, aber genetisch bedingte Umwandlungsstörungen begegnen uns in der Praxis fast nie", siegt die Expertin.

Die Rolle der einzelnen Nährstoffe

Es gibt Hinweise, dass bestimmte Mikronährstoffe eine Rolle in der Schilddrüsenhormon-Synthese und bei der Schilddrüsen-Konversion spielen. Genannt werden Selen, Zink & Eisen, Vitamin D, Magnesium und Jod. 

Schauen wir uns diese Nährstoffe mal genauer an:

Selen

Selen ist ein Cofaktor der Deiodinasen, die T4 zu T3 umwandeln. Studien zeigen: Bei Selenmangel kann eine Supplementierung die Schilddrüsenparameter und Entzündungsmarker (z.B. bei Hashimoto) verbessern. Bei normalem Selenstatus ist kein Effekt nachweisbar. Und: eine zu hohe Zufuhr kann toxisch sein.

Zink & Eisen

Eisenmangel reduziert die Aktivität der Thyreoperoxidase, wodurch weniger T4 zur Verfügung steht. Zinkmangel kann die Konversionsrate ebenfalls beeinträchtigen. Studien zeigen: Nur bei echtem Mangel kann Supplementation helfen, ohne Mangel hat eine Supplementierung keinen Nutzen.

Vitamin D & Magnesium

Vitamin D soll indirekte Effekte haben. Studien deuten auf Zusammenhänge zwischen Vitamin-D-Mangel und Autoimmunerkrankungen (v.a. Hashimoto) hin. Dass es die Umwandlung von T4 in T3 unterstützt, ist jedoch nicht belegt.

Ähnliches gilt auch für Magnesium, das an hunderten enzymatischen Prozessen beteiligt, inklusive der hormonellen Signalübertragung. Für eine Verbesserung der Schilddrüsenhormonkonversion gibt es allerdings keine direkten Beweise.

Jod

Jod ist essenziell für die Schilddrüse. Zu wenig Jod führt zu Schilddrüsenunterfunktion, zu viel Jod zu Hashimoto-Schüben, Überfunktion oder Entzündungen.

Warnung vor gefährlichen Wirkstoff-Cocktails

Wer fleißig supplementiert, kann schnell auf Kosten von 600 Euro und mehr im Jahr für Nahrungsergänzungsmittel kommen. Unnötige Kosten, findet Dr. med. Gesche Wieser. Sie sagt: "Man gaukelt den Menschen vor, es gäbe eine 'natürliche' Therapie. Aber die gibt es nur, indem man die Schilddrüsenhormone ausgleicht, gegebenenfalls mit einem höheren Anteil des aktivierten T3."

Zudem unterschätzen viele Patient*innen die Gefahren, wenn sie Nahrungsergänzungsmittel ohne ärztliche Absprache dosieren. So kann ein Zuviel an Jod und Eisen zu einer Intoxikation (Vergiftung) führen und großen Schaden anrichten. 

Andere Ursachen: Suche nach den wahren Auslösern

"Wenn sich Beschwerden wie Müdigkeit trotz der Schilddrüsenmedikamente einstellen, liegt das fast immer an anderen Ursachen", sagt Wieser.

Dann haben oft andere Faktoren einen deutlich hören Einfluss auf die Konversion als Supplements. Zum Beispiel:

  • Chronischen Stress: das Stresshormon Cortisol hemmt die Umwandlung
  • Kaloriendefizite: Crash-Diäten senken T3
  • Lebergesundheit: da hier ein Großteil der Umwandlung stattfindet
  • Entzündungen im Körper

"Wir hören beispielsweise von einer Patientin, die uns trotz gut eingestellter Schilddrüsenwerte wegen Herzrasen und Schluckbeschwerden aufsucht, dass ihre Mutter im Sterben liegt", schildert Wieser. "Die Patientin ist so sehr belastet, dass sich das in körperlichen Symptomen zeigen kann."

Best Practice: Einnahme von Nahrungsergänzung

Natürlich kann auch ein Mangel an Mikronährstoffen vorliegen, doch der sollte nur bei entsprechenden Laborwerten, also einem bestätigtem Mangel und unter ärztlicher Aufsicht behoben werden. 

Zu Nahrungsergänzungsmitteln solltest du sowieso erst greifen, wenn du alle Optionen innerhalb deiner Ernährung ausgeschöpft hast. Überprüfe also, ob du mit deiner Ernährungsweise genug der wichtigen Mikronährstoffe zu dir nimmst und lasse dich dabei von einer Expertin oder einem Experten beraten.

Im Falle von Vitamin D frage dich, ob du genug Tageslicht abbekommst. In den Wintermonaten kann sich eine Supplementierung anbieten – ganz unabhängig deiner Schilddrüsenproblematik. Spreche die Dosierung mit deiner behandelnden Ärztin bzw. deinem Arzt ab.

Best Practice:

  1. Bluttest machen und Nährstoffstatus checken
  2. Nur das auffüllen, was wirklich fehlt – unter ärztlicher Aufsicht
  3. Ursachen der schlechten Konversion angehen (Stress, Leber, Entzündung)
  4. Ernährung optimieren
  5. Verlauf beobachten

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