Nachts nicht schlafen können: Welche Gefahren das für unsere Psyche birgt
Jede*r kennt es wahrscheinlich – wir wachen nachts voller Sorgen auf und auf einmal droht ein verdrängtes Problem uns zu erdrücken. In seinem Song „Brandungsburg“ singt der Rapper Prinz Pi: "Nachts wird jeder See zu einem schwarzen Meer." Doch woran liegt das?
Der Schlaf fasziniert die Menschen seit jeher – und bis heute haben wir diese überlebenswichtige Ruhephase unseres Körpers noch nicht ganz verstanden. Auch jenseits der Traum- und Schlafphasen scheint unser Gehirn in der Nacht anders zu arbeiten.
Forschungsergebnisse enthüllen, dass die Nachtstunden nicht nur eine Zeit der Ruhe sind, sondern uns auch für psychische Belastungen und risikoreiches Verhalten anfälliger machen. So haben amerikanische Wissenschaftler*innen einen besonderen Zustand identifiziert, den sie als "Mind after Midnight" bezeichnen. In ihrer Studie argumentieren sie, dass dieser für das erhöhte Risiko von Gewaltverbrechen und Suizid in den nächtlichen Stunden verantwortlich sein könnte.
Mind after Midnight: Warum sollten wir spät Nachts lieber schlafen?
Unter "Mind after Midnight" versteht das Team, das seine Ergebnisse in dem Journal "Frontiers in Network Physiology" veröffentlichte, komplexe Veränderungen im Neurotransmitterhaushalt unseres Gehirns während der Nacht. So tendieren wir dazu, negativer zu denken, falsche Schlüsse zu ziehen und eine geringere Kontrolle über unser Handeln zu haben.
Dieser Umstand zeigt sich auch in dem erhöhten Risiko für Drogen- und Alkoholmissbrauch in den Nachtstunden, insbesondere bei Jugendlichen. Dies wird auf eine eingeschränkte Urteilsfähigkeit während der Nachtzeit zurückgeführt. Doch nicht nur riskantes Verhalten gegenüber sich selbst wird wahrscheinlicher, auch Gewaltverbrechen gegen andere steigen an. Etwa 55 Prozent der Gewaltverbrechen ereignen sich laut der Studie in den Nacht- und Morgenstunden.
Wodurch kommt es zu den Veränderungen in unserer Wahrnehmung?
Die Ursachen für dieses erhöhte Risikoverhalten während der Nacht liegen laut den Forscher*innen im zirkadianen Rhythmus des Körpers, der die innere Uhr reguliert. Dieser Rhythmus beeinflusst die Gehirnaktivität und die Neurotransmitterproduktion, was zu einer verminderten kognitiven Leistungsfähigkeit und einem Ungleichgewicht von Glückshormonen führt.
Die Forscher*innen warnen davor, dass nächtliches Wachsein zu psychischen Störungen und Suchtverhalten beitragen kann, sehen aber auch Möglichkeiten für neue Behandlungsansätze, wie die Förderung eines durchgehenden Schlafs, um nächtliche Wachzeiten zu reduzieren und damit das Risiko für psychische Probleme zu verringern.
Wofür ist der REM-Schlaf wichtig?
Zusätzlich zu diesen Erkenntnissen spielt der REM-Schlaf eine entscheidende Rolle bei der Regulation der nächtlichen Gehirnfunktionen. Während des REM-Schlafs treten vermehrt Träume auf, und das Gehirn zeigt eine erhöhte Aktivität, insbesondere in Bereichen, die mit Emotionsverarbeitung und Erinnerungen verbunden sind.
Im Traum sind dieselben Hirnregionen aktiv, die auch im Wachzustand zum Beispiel für Bewegung (Basalganglien) oder Angstzustände (Amygdala) verantwortlich sind. Dadurch erscheinen uns die Traumerlebnisse oft so real und es wird möglich, Situationen und Konflikte schon im Schlaf zu bewältigen, ohne sie in die Wachwelt tragen zu müssen.