Fingernägel mit Ü50 schwarz lackieren: Ist das okay?

Renate Zott ist Topage-Model und schreibt für BILD der FRAU exklusiv über Themen rund um Lifestyle, Mode und Beauty. Heute fragt sie sich und uns, ob wir uns im reifen Alter eigentlich noch die Fingernägel schwarz lackieren dürfen...
Renate Zott ist Topagemodel, Expertin in Sachen Lifestyle, Mode, Beauty, unfassbare Ü50 – und seit Jahren auch Kolumnistin bei BILD der FRAU. Jeden Sonntag verrät sie hier Tipps und Tricks rund um alles, was mit ihren Themen zu tun hat. Heute geht es um schwarz lackierte Fingernägel bei Menschen Ü50: hot or not?
Renate Zott: Dürfen wir die Fingernägel im reifen Alter noch schwarz lackieren?
Beim Thema Farben und Fingernägel muss ich spontan an eine Kundin im Nagelstudio denken, die gerade fertig wurde, als ich reinkam. Ich bewunderte ihr grelles Pink mit Blümchen und Glitzer auf beiden Ringfingern. Mein Kommentar war so was wie: "Cool, das sieht aber fresh und girly aus." Worauf sie – so um die 70 – antwortete: "Das kann ich erst machen, seitdem mein Mann nicht mehr lebt. Mein Mann hätte so etwas nie erlaubt."
Oh, da war ich doch einigermaßen perplex und zunächst auch sprachlos, hätte ich doch mit so einer Message nie und nimmer gerechnet.
Anschließend schossen mir spontan tausend Gedanken in den Kopf. Leben wir nun wirklich im 21. Jahrhundert und muss man da seinen Partner/seine Partnerin in puncto Nageldesign noch um Erlaubnis bitten? Echt jetzt? Ehrlich gesagt hatte ich mir eine solche Frage nie gestellt, sondern selbst entschieden und einfach gemacht oder machen lassen, wonach mir gerade war/ist.

Mode-Trends wie bunte Fingernägel machen einfach Spaß
Nagel-Design – ein weites Feld: kurze, lange, ovale, spitze, eckige Nägel, lackiert, mit Shellac oder Gel, mit einem Farbfinish, das von grellrot über bunt (also Regenbogennägel) bis hin zu schwarz so ziemlich über die gesamte Farbpalette reicht. Dass mein Mann mit meinen Nagel-Design-Ideen total gechillt ist, hatte ich vorher nie auf dem Schirm.
Ich meine, ich habe nie darüber nachgedacht, dass er möglicherweise so ganz theoretisch sein Veto hätte einlegen können. Und dann? Hätte ich es trotzdem gemacht. Meine Nägel, mein Ding. So sehe ich das. Vermutlich auch, weil die Farbe auf den Nägeln wohl zu den belanglosesten Dingen im Leben gehört.
Natürlich sitzt man im Nagelstudio und macht sich einen dicken Kopf darüber, welche Farbe für die nächsten 3-4 Wochen am Ende jedes Fingers genau die richtige ist, aber final ist das wirklich nicht wichtig. Es ist so eine dieser rein optischen Äußerlichkeiten, die manche Menschen einfach umtreibt – so wie bei Make-up & Hairstyling. Und auch da gibt es halt Mode und Trends, die man mal ausprobieren muss. Es ist dieses Mädchen in mir, das vermutlich einfach nur ein bisschen Barbie-Time feiert und echt Spaß dabei hat.
Eine ganz andere Sache: Piercings, Tattoos, Beauty-OPs
Etwas kritischer sehe ich das mit allem am Körper, was bleibt, also Piercings, Tattoos oder auch kosmetische Eingriffe. Sowas "für immer" ist schon eine ganz andere Nummer. Da würde ich immer voraussetzen, dass man seinen Partner/seine Partnerin involviert, die Meinung erfragt, gemeinsam Für und Wider abwägt und ein Stück Weg der Entscheidungsfindung gemeinsam geht.
Last but not least trägt der andere die Konsequenzen ja mit – und die können bekanntermaßen ja ganz vielfältig und nicht nur schön sein. Na, jedenfalls würde ich nicht schlecht staunen, wenn mein Mann eines Tages mit einem Tattoo nach Hause käme. Und natürlich würde ich sagen: "Hätte man vorher ja mal drüber reden können."
Schwarz lackierte Fingernägel mit Ü50: ja oder nein? Hier die Antwort
Während ich das schreibe, fällt mir auf, dass lackierte Fingernägel oder auch eine Kahlrasur am Kopf meines Mannes schon eine krasse Überraschung für mich wären. Hm. Ich sag’s mal so, wie es sich gerade anfühlt: falsch. Vermutlich, weil ich es so gelernt habe und es zum alten Normal gehört. Aber: Entspannung, ich kann damit umgehen.
Also noch einmal die Frage vom Anfang: Dürfen wir die Fingernägel im reifen Alter noch schwarz lackieren? Die Antwort ist eigentlich klar, oder?
Ja, dürfen wir!
In diesem Sinne: ein Hoch auf schwarze Fingernägel – egal, in welchem Alter!
Dekolleté mit Ü50 zeigen – gute oder schlechte Idee?
Ich muss gestehen, dass ich ein großer Fan der edlen Verpackung bin. Die kann man erstmal so von allen Seiten betrachten und bewundern, sich Zeit für deren eigenen Zauber nehmen, bevor man dann Schleifchen für Schleifchen löst, um dem Wesentlichen näher zu kommen.
Das ist doch Spannung pur und erinnert mich so ein bisschen ans Pokern. Da behält man sich als Spieler*in die Trümpfe doch gerne bis zuletzt von allen anderen ungesehen in der Hand, anstatt die nackten Tatsachen gleich auf den Tisch zu packen. Geschenke gibt’s natürlich auch mal mehr oder weniger unverpackt – und auch sie haben ihre Daseinsberechtigung. Aber klaro, denn:
Es ist immer deine eigene Entscheidung, was du tragen willst oder kannst
Sein Dekolleté zu zeigen oder einen Minirock zu tragen, ist heutzutage sicherlich keine Frage des Alters mehr, sondern der eigenen Persönlichkeit und des eigenen Stils und Lifestyles. Das oberste Gebot ist doch, sich wohl, attraktiv und gut zu fühlen. Je wohler man sich fühlt, desto mehr Selbstvertrauen strahlt man aus – und ist darüber hinaus eine Selbstverständlichkeit für das, was man trägt und vor allem wie. Sprich mit stolzer Brust, wenn wir schon beim Dekolleté sind. Schließlich will (merke: auch wenn man es nicht will – es passiert ganz automatisch!) man sich als Mensch auch über seinen Kleidungsstil nach außen definieren und abgrenzen, seiner Individualität und Persönlichkeit Ausdruck verleihen.
Klar, dass wir das alle ganz unterschiedlich ausleben und es auch abhängig davon ist, wie kreativ, mutig, in- oder extrovertiert, zurückhaltend, schüchtern oder laut ein Mensch ist und welche Erfahrungen sie oder er damit gemacht hat. Sicherlich können Erfahrungen in diesem Zusammenhang ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, insbesondere dann, wenn sie besonders schlimm oder sogar traumatisch waren.
Stell‘ deine "Vorzüge" ins beste Licht
Sehr natürlich finde ich den Ansatz, sich von seiner schönsten Seite zeigen zu wollen. Wollen das nicht alle? Und ist das nicht eigentlich ein – ich möchte sagen – angeborenes Verlangen?! Ich mutmaße, die Vorzüge sind allen bekannt – und wenn nicht, dann solltest du dich auf der Stelle hinsetzen und alles auflisten, was du an dir toll und attraktiv findest! Fürwahr zählen dabei nicht nur die Hauptmerkmale des optischen Erscheinungsbildes, sondern auch die Details. Schlanke Handgelenke, ausdrucksstarke Augen, lange Haare und so weiter. Auf die Liste gehört einfach alles, was du an dir schön findest – und die ist ja auch nur für dich, weil es um DEIN Eigenbild geht und darum, was DU betonen möchtest.
Es ist eine gute Strategie, das weniger Schöne wegzulassen und das Schöne zu betonen
Vermutlich ist es genau das, was mich schon als sehr junge Frau dazu bewogen hat, nicht auf die Reize des Dekolletés zu setzen. Auch wenn ich weiß, dass Models nicht selten wirklich flachbrüstig sind, hätte ich mir durchaus ein bisschen mehr davon gewünscht. Ich fühlte mich in diesem Punkt von der Natur maßlos vernachlässigt. Punkt. Als junges Mädchen war ich deswegen echt verzweifelt und habe Jahrzehnte gebraucht, um meinen Frieden damit zu machen und zu erkennen, dass weniger auch mehr sein kann.
Ich denke dabei an die Erdanziehungskraft oder auch Schmerzen beim Sport, von dem mir Frauen mit großem Busen immer wieder berichten. Als Girl der Generation Z wäre ich vermutlich einfach zum Beauty-Doc gegangen und hätte mir meinen Wunschbusen machen lassen. Ob ich damit glücklicher gewesen wäre, oder die Kissen Probleme bereitet hätten, bleibt offen.
Wäre cool, wenn mein Bericht dazu beitragen könnte, den Blickwinkel auf Dekolleté und Oberweite um ein paar Aspekte zu erweitern, wo doch das Wichtigste darunter verborgen ist, nämlich das Herz.
Netzstrumpfhosen im reiferen Alter – hopp oder top?
Zum Thema Netzstrumpfhosen gibt es eine wunderbare Anekdote, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Dazu muss man wissen, dass Chanel vor etwa zwei Jahren weiße Netzstrumpfhosen zu den meisten Looks auf dem Laufsteg gezeigt hat und ich mich von diesen Kombinationen habe inspirieren lassen. Ich fand die alle irre schön. Also war die Idee geboren, so ein paar weiße Netzstrumpfhosen mit in den Urlaub zu nehmen.
Gesagt, getan – und so saß ich dann eines wunderschönen Abends mit meinen weißen Netzstrumpfhosen vor dem großen Ofen, in dem das Fladenbrot gebacken wird. Eine kleine Gruppe von jungen Leuten kam vorbei. Sie kicherten lauthals und es war klar, dass es bei dem Getuschel um meinen Look ging, genauer gesagt um die Hose, die eigentlich wenig Hose, sondern mehr großes Fischernetz ist.
Jedenfalls traute sich – trotz meiner Nachfrage – keiner aus der etwa sechs Mann starken Gruppe Gen Z, mir einen Spruch zu drücken, so ganz salopp gesagt. Der Rest ist Geschichte.
Ich dachte mir meinen Teil und auch, dass ich selbstbewusst genug bin, genau so auszusehen und das genau so zu tragen. Egal, was die anderen sagen. Egal, was irgendjemand darüber denkt. Es ist mein Look, den ich von oben bis unten so super durchdacht, schön, lässig, cool, feminin, aufregend und spannend finde.
Die großen Maschen, eingehüllt in ein Ensemble von lässigem Top, geschlitztem Seidenrock und weißen Booties. Den schlüpfrigen Ruf von Netzstrumpfhosen auf anmutige Art und Weise kurzum widerlegt und gezeigt, wie es auch gehen kann. Erwachsen, fast elegant und doch noch ein bisschen knackig. Why not?
Wie kann man nur...? Ich kann!
Und ich ergänze ganz schonungslos: Nur ich werde entscheiden, wann ich aufhöre, Netzstrumpfhosen zu tragen und all die anderen kessen Pieces, die den ein oder anderen Aufreger auslösen. Denn: Die Netzstrumpfhosen sind ja nicht alleine, es gibt auch noch andere Kleidungsstücke, die ab einem gewissen Alter – also meinem – zu aufgerissenen Mündern und vorgehaltenen Händen führen. Puh, wie kann man nur?! Ja, ich kann.
Ich kann auch Cut Outs und Bein zeigen und frage ebenfalls: Warum denn nicht?! Aber ja, man muss bei all den modischen Experimenten bei sich bleiben, sich den Spiegel so objektiv wie möglich vorhalten und erkennen können, was einem wirklich steht. Denn es geht überhaupt nicht darum, auszusehen wie eine bestimmte Person (kopieren) oder einem Hype auf Biegen und Brechen zu folgen, sondern Trends, die einem gefallen, für sich zu übersetzen.
Fazit: einfach machen. Nicht fragen. Sich wohlfühlen und sich selbst gefallen.
→ Mehr über Renate Zott gibt's auf ihrer Webseite Topagemodel und ihrem Instagram-Account topagemodel.
In ihrer letzten Kolumne hat Renate Zott über Airport-Looks geschrieben: schicke Bequem-Kleidung, die sich für Reisen und Flugzeug bestens eignen.