Klingt witziger, als es ist

Schafe schubsen: Warum Menschen das tun sollen

Auf einer sonnigen Weide voller grasender Schafe liegt mittig ein Schaf mit erhobenen Beinen rücklings auf dem Rücken.
© Adobe Stock / Cerib
Ein Schaf einfach schubsen, wenn es ganz gemütlich auszuruhen scheint? Warum das unbedingt notwendig sein kann!

"Siehst du ein Schaf auf dem Rücken liegen? Bitte schubse es!" Tierquälerei? Im Gegenteil: Warum Menschen im Frühjahr und Sommer immer wieder dazu aufgefordert werden.

Was für eine sonderbare Aufforderung: Im Frühling und Sommer ist immer wieder darüber zu lesen, dass Menschen regelrecht darum gebeten werden, Schafe zu schubsen. Auch auf offiziellen Seiten wird die Bitte formuliert, etwa auf der Seite "Landvolk Niedersachsen". Dort heißt es: " ...im Zweifel ist 'Schafe schubsen' ausdrücklich erwünscht und dient dem Schutz der Spezies." Was hat das bloß zu bedeuten?

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Schafe schubsen: Warum Menschen dazu aufgefordert werden

Ein dickes Fell haben: Was bei uns Menschen sinnbildlich so viel wie besonders widerstandsfähig und unempfindlich bedeutet, ist bei Schafen wörtlich zu nehmen: Gerade im Frühjahr und Sommer tragen die Tiere extrem viel Wolle mit sich herum. Kannst du dir vorstellen, wie schwer das sein muss? Vor allem dann, wenn es regnet und die Schafe nass werden? Wer schon mal einen dicken Winterwollpulli von Hand gewaschen hat, kann womöglich erahnen, was für ein Gewicht da zustande kommt...

Ein dickwolliges Schaf liegt mit allen vieren nach oben auf einer grünen Wiese und scheint sich entspannt zu wälzen. | © Getty Images / Ashley Cooper
Foto: Getty Images / Ashley Cooper
Sieht gemütlich aus? Das wird das Schaf vermutlich anders sehen...

Warum das wichtig ist zu wissen? Weil Schafe sich gerne mal am Rücken schubbern, wenn es im dichten, dicken Wollfell zwickt und zwackt. Dafür legen sie sich rückwärts auf den Boden, wo sie sich hin- und herwälzen. Und dann kann es passieren, dass sie nicht mehr auf die Beine kommen – leider nicht im übertragenen Sinne, sondern ganz reell. Denn die schwere Wolle zwingt sie in diese ausweglose Lage. Das Problem: Schafe können dann nicht mehr wiederkäuen, die inneren Organe drücken auf die Lunge – schnell bilden sich Gase im Verdauungstrakt, die zum Kreislaufstillstand und im schlimmsten Fall zum Erstickungstod führen können.

Schafe auf dem Rücken: So können Menschen helfen

Schäfer*innen und Schafzüchter*innen rufen gerade zu Beginn der Urlaubszeit dazu auf, "einem auf der Rückseite liegenden Schaf beherzt ins Fell zu greifen und dem Tier einen Schubs zu geben, so dass es sich wieder aufrichten kann", heißt es bei "Landvolk Niedersachsen". Davor muss niemand Angst haben, auch völlig Unerfahrene nicht: Schafe sind Fluchttiere, sie rennen weg, so schnell es ihnen möglich ist.

Am besten ist es, sich einem auf dem Rücken liegenden Tier vorsichtig zu nähern und dabei beruhigend auf es einzusprechen. Es kann vorkommen, dass das Schaf zu benommen ist, um sofort aufzustehen. In diesem Fall muss es vielleicht noch einmal mit etwas mehr Nachdruck und im Zweifel sogar einmal kurz gehalten werden, wenn es einzuknicken droht. Dann war es womöglich schon kurz vor dem Kollaps. Betroffen sind übrigens meist tragende, also schwangere Schafe – aber auch Rassen mit kurzen Beinen.

Hilfe ist gut – aber das Problem liegt eigentlich woanders

Klar ist es großartig, Schafen auf diese Weise das Leben zu retten, keine Frage. Auch nicht für Peta. Dass so etwas aber überhaupt notwendig ist, ist in den Augen der Tierschutzorganisation äußerst bedenklich. Denn bei vielen Schafrassen handelt es sich um Qualzucht, für die Leiden infolgedessen sind also Menschen verantwortlich. Wie Peta berichtet, sei zum Beispiel den ehemaligen Wildschafen der natürliche und überlebenswichtige Fellwechsel einfach weggezüchtet worden. Bei vielen Schafen wachse das Fell immer weiter.

Für ausgeprägtere Fleischpartien wäre etlichen Schafen außerdem ein deutlich breiterer Rumpf angezüchtet worden, was zu einem einseitigen Körperbau führe. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Schafe in Rückenlage nicht selbst helfen können und ohne menschliche Hilfe qualvoll sterben. Der Rat von Peta deshalb: keine Produkte mehr aus echter Wolle zu kaufen, denn nur das rettet die Tiere dauerhaft. Dass die Tiere, vor allem Merinoschafe, für ihre Wolle dem grausamen Mulesing unterworfen werden, ist ein weiterer wichtiger Aspekt, um zu Wollalternativen zu greifen!

Und noch ein bisschen was zum Schmunzeln aus dem Reich der Tiere:

Quellen:
landvolk.net, landtiere.de, deine-tierwelt.de, peta.de
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