Besser als ihr Ruf

Wechseljahresbeschwerden: Das kann die Hormontherapie leisten

Die moderne Hormontherapie kann bei Wechseljahresbeschwerden gut helfen und ist besser als ihr Ruf
© GettyImages/Kathrin Ziegler
Die moderne Hormonersatztherapie kann Frauen mit starken Wechseljahresbeschwerden gut helfen, damit ihrer Teilnahme am aktiven Leben nichts im Wege steht. Es darf nur gesundheitlich nichts dagegen sprechen.

Viele Frauen haben Bedenken, sich bei starken Wechseljahresbeschwerden mit Hormonen behandeln zu lassen. Doch die Hormonersatztherapie ist besser als ihr Ruf.

In den Wechseljahren haben etwa zwei Drittel aller Frauen mit mittelschweren bis sehr starken Beschwerden zu kämpfen, wie unter anderem ständig wiederkehrenden, heftigen Hitzewallungen, schlaflosen Nächten und schmerzhafter Scheidentrockenheit. Ursache ist der veränderte Hormonhaushalt. Derart starke Einschränkungen für den Lebensalltag muss keine Frau erdulden. Hier kann die moderne Hormonersatztherapie zu mehr Lebensqualität verhelfen und die Symptome lindern. Sie wird von einem Arzt oder einer Ärztin auf die jeweiligen Beschwerden und den Gesundheitszustand der Betroffenen regelrecht maßgeschneidert. Lies hier, wie wichtig Zeitpunkt und Dauer der Hormontherapie sind, welche Rolle die Art der verabreichten Hormone spielt und wie die Anwendungsweise der Hormone mögliche Risiken senken kann.

Die individuelle, maßgeschneiderte Hormonersatztherapie in den Wechseljahren

Für viele Frauen verlaufen die Wechseljahre (Klimakterium) unauffällig. Bei leichten Beschwerden hilft häufig ein angepasster Lebenswandel, indem die Frauen für eine ausgewogene, gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung sowie genügend Schlaf und Entspannung sorgen.

Doch der Leidensdruck kann bei einem Teil der Frauen sehr hoch sein, wenn sie unter heftigen Symptomen wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Depressionen, wiederkehrenden Harnwegsinfekten, Muskel- und Gelenkschmerzen und einer somit insgesamt nachlassenden Leistungsfähigkeit leiden. Zudem können Libidoverlust, Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Sex das Liebesleben stark beeinflussen. Selbst die Gelenke und Knochendichte können negativ beeinflusst werden und nachhaltige Folgen mit sich ziehen.

Ist die Lebensqualität also erheblich eingeschränkt, empfehlen medizinische Fachgesellschaften die Hormonersatztherapie (HRT), die darauf abzielt, den entstandenen Östrogenmangel soweit auszugleichen, dass die dadurch aufgetretenen Wechseljahresbeschwerden abgemildert werden.

Hormonersatztherapie – besser als ihr Ruf

Bei vielen Frauen gibt es starke Bedenken gegenüber einer Hormontherapie, sodass trotz massiver Wechseljahresbeschwerden eine Hormonersatztherapie abgelehnt wird. Diese Bedenken sind vor allem auf die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2002, der sogenannten Women's Health Initiative (WHI) zurückzuführen. Hier entstand zunächst der Verdacht, dass ein vermehrtes Auftreten von Gefäßverschlüssen aufgrund von Thrombosen (Thromboembolien), ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko sowie ein gesteigertes Brustkrebsrisiko mit der Hormonbehandlung in Zusammenhang stünde. Allerdings wurde damals weder das durchschnittlich recht hohe Alter der Studienteilnehmerinnen (63 Jahre) berücksichtigt noch vorliegende individuelle Vorerkrankungen, wie Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes mellitus.

Inzwischen wurden die Ergebnisse neu bewertet und zahlreiche Folgestudien durchgeführt. Die wichtigste Erkenntnis: Keine Frau gleicht der anderen. Die moderne Hormonersatztherapie muss individuell auf die Betroffene abgestimmt werden. Dafür wird zu Beginn der Behandlung durch eine systematische, differenzierte Diagnose abgeklärt, dass keine individuellen Risiken und Vorerkrankungen vorliegen. Auch der Lebensstil der Frau ist entscheidend sowie Faktoren wie der Body-Mass-Index, was die Studie von 2002 aufzeigte.

Zusätzlich spielt es eine große Rolle bei der Verträglichkeit, wie die Hormone und in welcher Konzentration und Kombination diese aufgenommen werden. Heutzutage wird bei vielen Frauen die transdermale Anwendung, wie z.B. über Sprays, bevorzugt, da bei dieser Methode viele Risiken z.B. im Gegensatz zur Tabletten-Form gemindert werden können. Auch werden verschiedene Hormone in unterschiedlichen Konzentrationen verschrieben, die genau an die Beschwerden der betroffenen Frau und ihrer gesundheitlichen Vorgeschichte angepasst sind.

Welche Hormone für welche Beschwerden?

Die Beschwerden in den Wechseljahren stehen vor allem mit dem aufkommenden Östrogenmangel im Zusammenhang. Durch die Hormonersatztherapie werden Östrogene in dem Maße wieder zugeführt, bis die Beschwerden abgemildert sind.

Für die Behandlung von sogenannten vasomotorischen Beschwerden, wie Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen, kommen Medikamente zum Einsatz, die Estradiol enthalten, die natürliche Hauptform des Östrogens. Für die lokale Behandlung von Östrogenmangel, wie bei vaginaler Atrophie und damit verbundener Scheidentrockenheit, wird ein weiteres natürliches Östrogen, das Estriol verwendet.

Frauen, die noch eine Gebärmutter haben, bekommen von ihrem Arzt oder ihrer Ärztin zusätzlich bioidentisches Progesteron oder eine progesteronähnliche Substanz, ein sogenanntes Gestagen, in Tablettenform verordnet. Progesteron schützt die Gebärmutterschleimhaut vor östrogenbedingten Wucherungen, aus denen sich Krebs entwickeln kann.

Fehlt die Gebärmutter nach einer Operation oder auch bei lokaler Anwendung von östrogenhaltigen Zäpfchen oder Cremes ist dies nicht notwendig.

In welcher Form werden Hormone verabreicht? 

Es gibt Präparate für die transdermale, orale und vaginale Anwendung:

  • Hormontabletten: werden zur Linderung klassischer Wechseljahresbeschwerden täglich geschluckt, enthalten meist eine Kombination aus Estradiol und synthetischen Gestagenen. Die Hormone passieren in dieser Darreichungsform die Leber, ihre Stoffwechsel-Abbauprodukte können u.a. ein erhöhtes Thromboserisiko hervorrufen.
  • Hormonspray: Estradiolhaltige Hormonsprays werden meist einmal täglich zur selben Zeit auf die trockene und gesunde Haut des Unterarms gesprüht, also transdermal verabreicht. Ist das Spray kurze Zeit später auf der Haut getrocknet, sollte die Stelle mit Kleidung bedeckt und in den nächsten 60 Minuten weder berührt noch gewaschen werden. Das Estradiol wird so über die Haut langsam in die Blutbahn abgegeben.
  • Hormongel: sind individuell dosierbar. Das Dosiergel wird wie eine Creme einmal täglich auf die Haut aufgetragen, am besten nach dem morgendlichen Duschen.
  • Hormonpflaster: gibt es in unterschiedlichen Dosierungen. Das Pflaster wird jede Woche erneuert, um einen gleichmäßigen Hormonspiegel zu halten. Bei korrekter Anwendung kann die Patientin damit duschen, baden und Sport treiben. Achtung: direkte Sonneneinstrahlung kann den Wirkstoff zersetzen.
  • Hormonspritze: wird etwa alle vier Wochen von einem Arzt oder einer Ärztin in den Gesäß- oder Oberarmmuskel verabreicht. Das dort so angelegte Hormondepot gibt kontinuierlich geringe Mengen an Östrogen ab. Nachteil: Bei einer Unverträglichkeit oder Überdosierung können keine Dosis-Korrekturen vorgenommen werden.
  • Vaginalzäpfchen, -cremes und -tabletten: die lokale Östrogentherapie kommt bei vulvovaginaler Atrophie (VAA) zum Einsatz. Durch den Östrogenmangel im Klimakterium wird das Gewebe von Vagina und Vulva weniger durchblutet und somit dünner und dadurch leichter verletzlich. Dieser Gewebeschwund von Vagina und Vulva wird auch als vulvovaginale Atrophie bezeichnet. Zu ihren häufigsten Symptomen gehören Scheidentrockenheit, vaginaler Juckreiz, Ausfluss und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Beispielsweise lokal verabreichte, östrogenhaltige Vaginalzäpfchen schaffen schnell Abhilfe. Sie bewirken eine stärkere Durchblutung, die Schleimhäute werden wieder aufgebaut und Scheidentrockenheit, Brennen und Juckreiz gelindert.

Welche Darreichungsform sich am besten eignet, muss individuell geprüft werden und hängt sowohl vom Beschwerdemuster als auch dem Gesundheitszustand der Patientin und den vorliegenden Krankheitsrisiken ab. Studien haben gezeigt, dass die transdermale Östrogenzufuhr eine vergleichsweise nebenwirkungsarme Form der Hormontherapie ist.

Die Hormone gelangen nämlich, z.B. im Gegensatz zur Tablettenform, nicht zunächst über das Verdauungssystem in die Leber, sondern verteilen sich durch das Blut im Körper. So wird der Fettstoffwechsel nicht gestört und auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist deutlich geringer.

Mögliche Risiken der Hormonersatztherapie

Die Hormonersatztherapie kann auch Risiken mit sich bringen. Verschiedene Studien belegen, dass die HRT unter bestimmten Voraussetzungen Erkrankungen wie Brustkrebs, Herzinfarkt, sowie die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombose) und Gallensteinen begünstigen kann. Doch wie groß das Risiko für die jeweilige Frau wirklich ist, hängt zum einen von vielen Faktoren ab, die im Vorfeld gründlich untersucht werden müssen. Zum anderen ganz wesentlich von der Art der verabreichten Hormone, der Darreichungsform und dem Alter der Patientin bei Therapiebeginn.

Weniger Risiko durch optimalen Zeitpunkt der HRT

Eine Studie aus Dänemark und auch die Neubewertung der jüngeren Frauen der schon genannten WHI-Studie im Alter von 50 bis 60 Jahren zeigen, dass vor allem eine frühe Hormontherapie in der Menopause die Symptome effektiv behandeln kann. Ein zusätzlich positiver Effekt ist, dass sich die HRT offensichtlich auch günstig auf Herz und Gefäße auswirkt und z. B. vor Infarkten schützt.

Weniger Risiko aufgrund der Anwendungsweise

Das Risiko für gefährliche Blutgerinnsel (Thromboembolien) kann sich durch die Gabe von Östrogenen in Tablettenform erhöhen. Grund: Die geschluckten Tabletten müssen auf ihrem Weg in den Körper auch die Leber passieren. Dort wird ein großer Teil der verabreichten Hormone wieder abgebaut, wodurch die Dosierung der Östrogene in Tabletten auch entsprechend hoch sein muss. Außerdem entstehen bei der Verstoffwechslung in der Leber Abfallprodukte, die das Risiko für eine Gerinnselbildung im Blut stark erhöhen. Wird die HRT transdermal zugeführt, also über die Haut, ist das Risiko stark verringert.

Das gleiche gilt für das Risiko für die Entstehung von Gallensteinen. Eine englisch-schottische Kohortenstudie (Million-Frauenstudie), mit über 1,3 Millionen Frauen im durchschnittlichen Alter von 56 Jahren, konnte zeigen, dass bei der Anwendung von transdermalem Estradiol das Risiko für Gallenblasenerkrankungen deutlich verringert ist, im Vergleich zu einer oralen HRT. Auch für die Gallenblasenerkrankungen ist die Leberpassage des Medikaments verantwortlich, die bei transdermaler Verabreichung der Hormone umgangen wird.

Weniger Risiko durch die Art der Hormone, die verabreicht werden

Das von vielen Frauen befürchtete gesteigerte Brustkrebsrisiko durch eine Hormonersatztherapie steht vor allem in Zusammenhang mit der Kombination von Östrogenen und synthetischem Gestagen. Das konnte eine französische Studie aufzeigen. Werden die Östrogene mit dem bioidentischen Progesteron kombiniert, steigt das Risiko für ein Mammakarzinom nicht an.

Bioidentische Hormone sind genauso aufgebaut, wie die, die der menschliche Körper selbst produziert.

Achtung bei Phytohormonen: Viele Frauen schätzen pflanzliche Wirkstoffe als gänzlich harmlos ein. Isoflavone, enthalten in Soja und Rotklee, sind sekundäre Pflanzenstoffe mit einer chemischen Struktur, die den Östrogenen ähnlich ist. Sie können auch eine entsprechende Wirkung zeigen. Allerdings liegen zu solchen Präparaten keine Studien zum Nutzen und Risiko unter Langzeiteinnahme vor. Ihre Wechselwirkung mit anderen Medikamenten muss mit dem Arzt oder der Ärztin besprochen werden. Es wird empfohlen, auf zugelassene Produkte der Hormonersatztherapie zurückzugreifen, mit nachgewiesener, standardisierter Wirksamkeit zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden.

Weniger Risiko durch Minimaldosierung und Dauer

Die Hormonbehandlung hat zum Ziel, Frauen so wenige Hormone wie möglich und so viele wie nötig zu geben, die unter Beschwerden aufgrund des Hormonmangels des Klimakteriums leiden. Eine derart feine Dosierung wird speziell bei transdermaler Anwendung gut ermöglicht. Zudem muss in regelmäßigen Kontrollen während der Hormonbehandlung stetig untersucht werden, ob die HRT einer neuen Dosierung bedarf oder überhaupt noch nötig ist. Nach Abschluss der Behandlung sollte die Gabe von Hormonen langsam ausgeschlichen werden, damit Symptome nicht wieder plötzlich zurückkehren.

Gut beraten – entspannt durch die Wechseljahre

Für das persönliche Wohlbefinden und eine hohe Lebensqualität auch während der Wechseljahre, ist es ratsam, gemeinsam mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin, die Risiken und Nebenwirkungen der Hormonbehandlung gegen die Vorteile und die Erfolgschancen abzuwägen. Wichtig ist, dass Frauen wissen, wenn sie unter belastenden Wechseljahresbeschwerden leiden: Die moderne Hormonersatztherapie ist eine wirksame und gute Möglichkeit der effektiven Behandlung, wenn individuelle Vorerkrankungen ausgeschlossen werden.

Mehr rund um den Einsatz der Hormonersatztherapie erfährst du auf unserer Themenseite Wechseljahre, ganz entspannt.

Quellen:
  • S3-Leitlinie Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen. Registernummer 015 – 062, Stand: Januar 2020, Version 1.1. (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-062.html)
  • Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE): Trendwende in der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden - Neubewertung älterer Studien spricht jetzt für Hormontherapie, 2017
    https://www.endokrinologie.net/pressemitteilung/trendwende-behandlung-von-wechseljahresbeschwerden.php
  • Bohnet, H.-G.: Resümee der französischen E3N-Studie zum Brustkrebsrisiko durch Hormonsubstitution; Journal für Menopause 2006; 13 (1) (Ausgabe für Deutschland) 38-39
    https://www.kup.at/kup/pdf/5745.pdf
  • Million Women Study Collaborators. (2005) Endometrial cancer and hormone-replacement therapy in the Million Women Study. Lancet. 365:1543-1551
  • Liu, B, et al., (2008, Jul). Gallbladder disease and use of transdermal versus oral hormone replacement therapy in postmenopausal women: prospective cohort study. BMJ. Vol. 337, p. a386. Gynäkologie, Menopause.
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