HNO-Experte über Diagnose und Behandlung

Versteckte Qual-Quelle: Wenn Zungenmandeln entzündet sind

Ein Mediziner in blauer Schutzmaske führt mit Handschuhen einen Mundabstrich bei einer Patientin durch.
© iStock/Motortion
Bei Entzündung der Zungenmandeln ist der HNO-Arzt der richtige Ansprechpartner.

Wenn Viren wandern, ist die Mandelentzündung nicht weit. Sie greift manchmal nicht nur den Rachen an, sondern auch noch die Zungenmandeln. Was dann passiert, fühlt sich extrem schmerz- und rätselhaft an.

Kaum jemand weiß, dass Zungenmandeln überhaupt existieren, geschweige denn, wo sie sind. Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Uso Waltermit Schwerpunkt HNO-Heilkunde und Akupunktur in der HNO-Praxis Duisburg erklärt hier, was sich hinter dem Mythos Zungenmandeln verbirgt, wie man erkennen kann, dass sie entzündet sind und wie Hausmittel und Medikamente dann helfen können.

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HNO-Arzt Dr. Uso Walter aus Duisburg

Was genau sind Zungenmandeln?

Dr. Walter: "Die Zungenmandeln sind von der Struktur sehr ähnlich wie die Rachenmandeln. Letztere werden umgangssprachlich oft einfach Mandeln genannt. Sie alle sind Teil des Waldeyerschen Rachenrings, der eine sehr wichtige Komponente unseres Immunsystems ist. Dazu gehören alle Arten von Mandeln – lymphatischen Strukturen – die in den oberen Luftwegen Keime abfangen."

Eine klassische Mandelentzündung hatten wohl die meisten Menschen schon mal. Schmerzen, Schwellung und gar Vereiterung der Gaumen- und Rachenmandeln sind die bekannten Anzeichen. Das alles kann sich aber weiter ausbreiten, ohne dass einem klar ist, warum die Symptome plötzlich so extrem werden.

Menschliche Zunge.jpg | © iStock/Mohammed Haneefa Nizamudeen
Foto: iStock/Mohammed Haneefa Nizamudeen
Im Gegensatz zu den Gaumenmandeln befinden sich die Zungenmandeln mittig an der Zunge.

Entzündete Zungenmandeln: Das sind die Symptome

Die Zungenmandeln liegen am Zungengrund. Bei einer akuten Erkältung reagieren zunächst die Gaumen- und Rachenmandeln, erst, wenn sich die Keime weiter ausbreiten auch die Immun-Zellen der Zunge. "Man erkennt das daran, dass es sehr schmerzhaft ist, zu schlucken. Man hat das Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben und auch die Stimme hört sich verändert und 'kloßig' an. Das kommt daher, dass der Kehlkopf zusammengedrückt wird, wenn die Zungenmandeln geschwollen sind", erklärt Dr. Walter.

Es gibt auch Menschen, die dauerhaft mit entzündeten, geschwollenen Zungenmandeln zu tun haben. Oft haben Sie einen langen Leidensweg hinter sich, bis der wahre Grund für ihre Mund- und Halsbeschwerden erkannt wird. Denn ein offensichtlicher Auslöser – wie z. B. eine Erkältung – fehlt. Dr. Walter: "Chronisch entzündete Zungenmandeln hängen nicht mit einem akuten Infekt zusammen. Wenn das Gewebe der Zungenmandeln geschädigt ist, können sich dauerhaft Keime einnisten. Besonders gefährdet sind Menschen mit schwachem Immunsystem."

Diagnose und Behandlung entzündeter Zungenmandeln

Ein Allgemeinmediziner könne leider nicht einwandfrei feststellen, ob eine Zungenmandel entzündet ist, so Dr. Walter. Wegen der Lage am Zungengrund sind dafür spezielle Endoskope nötig. Der Hausarzt ist jedoch meist der erste Ansprechpartner bei Erkältungen und Halsschmerzen. Wenn er aufgrund der Beschwerden den Verdacht hat, dass die Zungenmandeln geschwollen und entzündet sind, verweist er Patienten weiter an den HNO-Arzt.

Diese Behandlungsschritte empfiehlt der Experte:

  • Spülen und Gurgeln mit entzündungshemmenden Mitteln – etwa mit abgekühltem Kamillen- oder Salbeitee oder speziellen Lösungen aus der Apotheke.
  • Möglichst wenig sprechen und nur Nahrung essen, die leicht zu schlucken ist.
  • Wenn die Beschwerden nicht besser werden, verschreibt der Arzt ein Antibiotikum. Denn dann liegt wahrscheinlich zusätzlich zur Infektion mit Erkältungsviren auch ein Bakterien-Befall vor.

Wichtig zu wissen: Antibiotika wirken nur gegen Bakterien. Erkältungen, Grippeerkrankung, Bronchitis, Mandelentzündungen und einiges mehr werden in den allermeisten Fällen von Viren ausgelöst. Antibiotika sind gegen sie machtlos, können die Krankheit sogar verschlimmern. Denn sie zerstören auch "gute" Bakterien im Darm, die das Immunsystem unterstützen. Der Körper kann dann nicht mehr so gut gegen Erkältungskeime kämpfen. Antibiotika sind sehr wichtige Medikamente, können aber, je nach Typ, viele weitere unangenehme und sogar gefährliche Nebenwirkungen haben. Darüber hinaus steigt das Risiko für Resistenzen, umso öfter Antibiotika eingesetzt werden. Sie sind deshalb auch bei entzündeten Zungenmandeln nicht der erste Behandlungsschritt.

Übrigens: Ein höheres Risiko für Zungenmandel-Entzündungen haben Menschen, denen die Rachenmandeln in besonders jungem Alter (4 – 7 Jahre) entfernt wurden. Die Zungenmandeln vergrößern sich dann nämlich häufig, weil sie die Aufgaben der Rachenmandeln mitübernehmen. Außerdem begünstigt chronisches saures Aufstoßen (Reflux), dass sich die Zungenmandeln entzünden, weil der untere Rachen gereizt wird.

Zum Glück sind Sie auch Reflux und Sodbrennen nicht hilflos ausgeliefert. Es müssen nicht immer gleich Medikamente sein, auch mit der richtigen Ernährung bei Sodbrennen lässt sich das lästige Aufstoßen in den Griff bekommen.

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