Aktualisiert: 12.05.2022 - 19:15

Experte gibt Tipps Wie finde ich eine gute Pflegekraft für Mama und Papa?

Von

Susann Schlemmer

Gute Pflege ist wichtig. Anlässlich des Internationalen Tages der Pflegenden am 12. Mai, der den Millionen Menschen gewidmet ist, die in Pflegeberufen arbeiten, machen zahlreiche Verbände auf die zum Teil desolate Personalsituation in vielen Bereichen der Pflege aufmerksam.

Foto: Getty Images/Klaus Vedfeldt

Gute Pflege ist wichtig. Anlässlich des Internationalen Tages der Pflegenden am 12. Mai, der den Millionen Menschen gewidmet ist, die in Pflegeberufen arbeiten, machen zahlreiche Verbände auf die zum Teil desolate Personalsituation in vielen Bereichen der Pflege aufmerksam.

Wenn die Eltern älter werden, kommt meist irgendwann der Punkt, an dem eine Pflegeunterkunft oder eine Pflegekraft gebraucht wird. Da viele gern in ihrem Zuhause bleiben möchten, ist eine 24-Stunden-Pflege eine gute Option. Doch der Markt ist unübersichtlich. Ein Experte erklärt, wie Angehörige eine Pflegekraft finden und worauf Sie achten sollten.

Anzeige

Für viele kommt mit fortschreitendem Alter irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie sich und den Haushalt nicht mehr allein versorgen können. Ehepartner*innen, Kinder, andere Verwandte und Freunde können unterstützen, aber eine Vollzeitpflege meist nicht dauerhaft leisten. Wenn die Eltern oder ein Elternteil plötzlich auf Betreuung angewiesen sind, steht man als Angehörige:r erst einmal vor vielen Fragen und Entscheidungen. Viele Pflegebedürftige möchten weiterhin zuhause, in ihrer gewohnten Umgebung, leben und sind deshalb auf externe Hilfe angewiesen. Ein etabliertes Modell ist dann das Engagieren von osteuropäischen Betreuungskräften, die zeitweise bei den Angehörigen einziehen und sich um sie kümmern.

Doch worauf sollte man bei der Suche nach einer Pflegekraft achten? Wie können seriöse Vermittler von unseriösen unterschieden werden? Welche Rolle spielt die Pflegestufe? Diese und weitere Fragen beantwortet Philipp Buhr, Pflegeexperte und Gründer von marta, einer Vermittlungsplattform für 24-Stunden-Pflegekräfte.

Wenn Eltern eine Pflegekraft benötigen

BILD der Frau: Herr Buhr, was kennzeichnet eine gute Pflege?

Philipp Buhr: Eine gute Pflege zeichnet sich in erster Linie durch ein respektvolles Verhalten beider Seiten füreinander aus. Viele Pflegeaufträge scheitern an zwischenmenschlichen Problemen, die oftmals auf das Fehlen von Respekt, Dankbarkeit und Toleranz zurückzuführen sind. Eine gute Pflege sollte sich positiv auf das Gemüt der Pflegebedürftigen auswirken. Für die Pflegebedürftigen und meist älteren Menschen ist eine Routine im Alltag sehr wichtig.

Angehörige sollten hier auf die Erfahrung der Betreuungskräfte vertrauen, ohne gleichzeitig die Präferenzen der Pflegebedürftigen selber zu vergessen. So sind neben einer professionellen Behandlungspflege eine klare Routine und ein harmonisches Miteinander Anzeichen für eine gute Betreuung.

Welche Aufgaben kann eine Pflegekraft übernehmen?

Eine Pflegebedürftigkeit bringt viele Herausforderungen mit sich, die Angehörige jedoch nicht alleine bewältigen müssen. Sie können zur Unterstützung einen ambulanten Pflegedienst oder eine häusliche Betreuungskraft engagieren. Die Expertise der ambulanten Pflegedienste liegt in der Behandlungspflege und die der häuslichen Betreuungskraft in der Grundpflege und Unterstützung im Haushalt. Die Behandlungspflege umfasst medizinische Hilfeleistungen - etwa Wundversorgung, Tabletten verabreichen, Spritzen setzen - und die Grundpflege die wiederkehrenden Aufgaben zur Bewältigung des Alltags, wie z.B. Hilfe beim An- und Auskleiden, dem Toilettengang, der Körperhygiene.

Anzeige

Häusliche Betreuungskräfte, die bei den Pflegebedürftigen einziehen, helfen zudem bei der Haushaltsführung und können das Kochen, Waschen, Putzen, sowie die Freizeitgestaltung der Pflegebedürftigen übernehmen.

Problem in der 24-Stundenpflege: Schwarzarbeit und Intransparenz

Wohin können sich Angehörige wenden, um eine Pflegekraft zu finden?

Anzeige

Die ambulante Pflege erfolgt durch ausgebildete Pflegefachkräfte und wird von den Pflegekassen reguliert. Wer einen ambulanten Pflegedienst sucht, sollte sich deshalb am besten direkt bei der Pflegekasse oder auch bei Pflegestützpunkten über Angebote in der Nähe informieren. Diese können auch bei der Anschaffung von Hilfsmitteln oder der Organisation von Krankenfahrten unterstützen.

Im Gegensatz zur Suche nach einem ambulanten Pflegedienst gestaltet sich die Suche nach einer häuslichen Betreuung oft schwieriger. Da der Markt für die sogenannte 24-Stunden-Pflege nicht reguliert ist, gibt es hier viel Schwarzarbeit und wenig Transparenz. Eine Möglichkeit, eine Betreuungskraft zu finden, ist das Engagieren einer Agentur. Problematisch ist dabei jedoch, dass die meisten Agenturen die Anfragen lediglich an Unternehmen in Osteuropa weiterleiten und dadurch die Auswahl der Betreuungskräfte unbekannten Dritten überlassen. Somit können sie weder für Legalität, noch für faire Bezahlung garantieren und treiben die Kosten in die Höhe.

Eine Alternative für die Suche nach einer Betreuungskraft stellen Plattformen wie marta.de dar. Im Gegensatz zur Vermittlung über eine Agentur können Pflegesuchende hier direkt mit Betreuungskräften aus Europa in Kontakt treten und sich über deren Fachkenntnis und Erfahrung informieren. Das Unternehmen führt selbst Interviews und Hintergrundchecks mit den Betreuungskräften vor Ort durch und kümmert sich um Versicherung und Legalität der Anstellung. Durch den Verzicht auf weitere Vermittlungsunternehmen können durch diesen direkten Weg der Anstellung Kosten für alle Seiten gespart werden.

Pflegekraft finden: Die wichtigsten Tipps im Überblick

Worauf sollte Angehörige dabei konkret achten?

Neben der Legalität und dem Verzicht auf die Vermittlung durch Subunternehmen, ist die Auswahl der passenden Betreuungskraft natürlich ausschlaggebend für den Erfolg der häuslichen Pflege. Hierbei legen Familien zu Beginn oftmals zu hohen Wert auf das Geschlecht, die Sprachkenntnisse oder auch die Rauchgewohnheit der einzelnen Betreuungskraft.

Diese Faktoren sind jedoch erfahrungsgemäß deutlich ausschlaggebender für den Erfolg der Betreuung:

  • Kenntnisse über relevante Krankheitsbilder
  • generelle Berufserfahrung
  • eine liebevolle Art der Betreuungskraft

Betreuungskräfte selber haben durch ihre jahrelange Berufserfahrung meist ein spezielles Einsatzprofil und klare Vorstellungen, welche Pflegefälle sie betreuen wollen und können. Daher sollten Angehörige niemals auf ein Angebot eingehen, bei dem ein Vermittler suggeriert, er könnte Ihnen sofort und ohne Rücksprache mit der Betreuungskraft jemand Passendes vermitteln. Dies führt nämlich in der Regel nur dazu, dass die Betreuungskraft den Auftrag im Nachhinein doch absagt oder dieser nach einem kurzen Einsatz abgebrochen wird.

Es sollte sichergestellt sein, dass auch die Betreuungskraft vor dem Einsatz in ihrer Muttersprache über die Details des Auftrags informiert wurde und sich aktiv für Ihren Fall entscheidet. Wichtig ist auch, dass die pflegebedürftige Person gedanklich abgeholt und sichergestellt wird, dass diese sich auf die Unterstützung durch eine häusliche Betreuungskraft freut.

Wie wird eine Pflegestufe festgestellt?

Im Zuge der Pflegereform 2017 wurde das dreistufige System der Pflegestufen durch ein fünfstufiges System von Pflegegraden ersetzt, welches psychische und kognitive Einschränkungen stärker berücksichtigt. Dabei beschreibt der Pflegegrad 1 den niedrigsten Grad an Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad 5 den höchsten. Die Berechnung erfolgt auf Basis von 64 Fragen, die den Grad an Selbstständigkeit über sechs verschieden Lebensbereiche überprüft. Diese sechs pflegerelevanten Module umfassen beispielsweise die Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten oder auch Verhaltensweisen und setzen sich aus verschiedenen Kriterien zusammen.

Wenn Sie einen Pflegegrad bei der zuständigen Pflegekasse beantragen, wird sich ein Gutachter des Medizinischen Dienstes oder der Medicproof (bei der PKV) bei Ihnen melden, um in einem persönlichen Termin auf Basis der oben genannten sechs Module und mit Hilfe eines verbundenen Punktesystems den Pflegegrad zu bestimmen.

Pflegefall – Wichtige Fakten für Angehörige und Betroffene

Diese Unterlagen sind für die Anstellung einer Pflegekraft wichtig

Welche Formalitäten müssen von den Angehörigen beachten werden?

Wer die Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen wahrnimmt, sollte zunächst den Antrag auf einen Pflegegrad bei der zuständigen Pflegekasse stellen. So kann eine finanzielle Unterstützung der Pflegekassen aber auch steuerliche Erleichterungen sichergestellt werden. Bei der Auswahl der häuslichen Betreuungskraft sollten Angehörige darauf achten, dass die Betreuungskraft entweder mit einem Europäischen Gewerbe als selbstständige Kraft tätig wird oder, wenn Sie aus dem Ausland entsandt wird, eine Bescheinigung der Sozialversicherung vorlegen kann.

Ebenso sollte festgehalten werden, dass in der Regel nur Betreuungskräfte aus der Europäischen Union legal in der häuslichen Betreuung arbeiten können - anderweitige Angebote sollten mit höchster Vorsicht betrachtet werden.

Mit welchen Kosten muss gerechnet werden?

Die Kosten für eine häusliche Betreuung belaufen sich in der Regel auf 2300 bis 2700 Euro im Monat und hängen von der Anzahl der Haushaltsbewohner, dem Pflegeaufwand, sowie den Erwartungshaltungen an die Betreuungskraft ab. Neben den Kosten für die Betreuung selbst, sollten eine kostenfreie Unterkunft - ein abschließbares Zimmer ist ausreichend - und die Versorgung für die Betreuungskraft gestellt werden.

Da die häusliche Betreuung eine private Dienstleistung ist und noch nicht regelmäßig über die Pflegesachleistungen bezahlt werden kann, können Angehörige hier vom Pflegegeld Gebrauch machen und so die finanzielle Last reduzieren.

Können die Kosten für eine Pflegekraft steuerlich abgesetzt werden?

Neben der finanziellen Unterstützung der Pflegekassen durch das Pflegegeld (zwischen 316 und 901 Euro monatlich, je nach Pflegegrad) und die Verhinderungspflege (1.612 Euro jährlich) unterstützt der Staat Pflegebedürftige und Angehörige durch einen Steuervorteil für haushaltsnahe Dienstleistungen. Hierbei können Kosten von bis zu 20.000 Euro jährlich zu einem Fünftel in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden und ergeben somit ein Steuerersparnis von bis zu 4.000 Euro im Jahr.

Nicht erst seit der Corona-Pandemie steckt die Pflege in Deutschland in einer Krise. Auch wenn die Zahl der Pflegekräfte langsam steigt, herrscht in etlichen Heimen und Kliniken weiterhin Notstand:

Von

Susann Schlemmer

Do., 09.09.2021, 15.38 Uhr

Alles rund um das Thema Gesundheit und Ernährung